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Brandenburg: „Gänsemarsch“ statt Aufmarsch

Strenge Auflagen für Neonazi-Demonstration am Volkstrauertag in Halbe / Verbot weiterhin möglich

Von Frank Jansen

Die von Neonazis geplante Demonstration zum Soldatenfriedhof Halbe wird, wenn überhaupt, nur unter strengen Auflagen stattfinden. „Es gibt am Volkstrauertag keinen Aufmarsch, sondern höchstens einen Gänsemarsch“, heißt es bei den Sicherheitsbehörden. Das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder) will nach Informationen des Tagesspiegel weder Uniformen noch Fahnen, Trommeln und Lautsprecherwagen zulassen. Auch die angemeldete „Feldküche“ wird es nicht geben. Die Beamten sollen außerdem Platz freihalten für die Veranstaltungen der Gedenkstätte Halbe und des Volksbundes Kriegsgräberfürsorge am 17. November sowie für private Besucher. Ein Bescheid mit den Auflagen wird dem Anmelder der rechtsextremen Demonstration, dem norddeutschen Neonazi Lars J., am kommenden Wochenende zugehen.

Das Polizeipräsidium will jedoch auch weiterhin prüfen, ob ein Verbot möglich ist. Die rechte Szene hatte nur 1990 und 1991 in Halbe marschieren können. Damals kamen Hunderte Neonazis mit Reichskriegsflaggen, Fackeln und Trommeln zum Waldfriedhof. In den folgenden Jahren setzte die Polizei Verbote durch. Dieses Jahr werden bis zu 1000 Rechtsextremisten erwartet, die unter dem Motto „Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten“ vom Halber Bahnhof zum Friedhof ziehen wollen. Als Redner sind mehrere Rechtsextremisten angekündigt, die den Krieg miterlebt haben, darunter der ehemalige Chef der verbotenen Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei, Friedhelm Busse.

Auf dem Waldfriedhof sind etwa 22 000 Menschen begraben. Die meisten kamen im April 1945 bei den Kämpfen zwischen eingekesselten deutschen Truppen und der Roten Armee ums Leben. In Halbe liegen auch russische Zwangsarbeiter und 57 deutsche Soldaten, die von der Wehrmachtsjustiz zum Tode verurteilt wurden.

Dass die rechte Szene zum ersten Mal seit elf Jahren wieder hoffen kann, in Halbe aufzutreten, ist nach Ansicht von Sicherheitsexperten eine Folge der gewandelten Rechtsprechung. So konnten Neonazis im August 2001 nach jahrelanger Pause am Grab des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß in Wunsiedel (Bayern) demonstrieren. Zuvor hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein Verbot aufgehoben. Außerdem hat Ostern 2001 der Szene-Anführer Christian Worch durch alle Instanzen gegen das Verbot einer Demonstration in Hagen (Westfalen) geklagt – das Bundesverfassungsgericht gab ihm Recht. Worch ist auch diesmal dabei, er will in Halbe als Versammlungsleiter agieren. Der Neonazi hat jedoch auch erleben müssen, dass strenge Auflagen rechte Demonstrationen enorm behindern können. Im April gab Worch entnervt einen Marsch in Leipzig auf, als die Polizei am Bahnhof stundenlang die angereisten Rechtsextremisten kontrollierte. Ähnliches könnte auch in Halbe passieren, heißt es in Sicherheitskreisen.

Unterdessen hat das Amt Schenkenländchen, das für den Friedhof zuständig ist, das Verbot einer Veranstaltung auf dem Gelände nicht durchsetzen können. Das Verwaltungsgericht Cottbus wies nach einer Beschwerde des Anmelders Lars J. das Verbot als unzureichend begründet ab. Die linke Szene will ebenfalls nach Halbe kommen. Ein Antifa-Motto lautet: „Den Nazis in Halbe den Marsch blasen!“

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