zum Hauptinhalt

Grenze zu Polen: Nie wieder zu Fuß: Studenten kämpfen um Buslinie

Zwischen Frankfurt/ Oder und der polnischen Nachbarstadt Slubice gibt es zwar eine Grenzbrücke, aber keinen öffentlichen Nahverkehr. Studenten beider Städte kämpfen für eine Buslinie zwischen beiden Städten und erhalten viel Unterstützung.

In Görlitz, Schwedt und auch auf Usedom gibt es Buslinien über die Grenze nach Polen. In der größten Grenzstadt an der Oder, in Frankfurt, müssen die Menschen dagegen auch ein Vierteljahr nach Abschaffung der Passkontrollen weiter bei Wind und Wetter zu Fuß, per Rad oder bestenfalls im Auto die Grenzbrücke passieren. Mehrere Versuche zur Einrichtung einer fahrplanmäßigen Bus- oder Tramverbindung hinüber in die polnische Nachbarstadt Slubice waren in den vergangenen Jahren gescheitert.

Studenten der Europa-Universität Viadrina haben nun die Initiative für einen neuen Anlauf ergriffen, zumal viele von ihnen auf dem Weg zum Lehr- und Forschungsinstitut Collegium Polonicum oder den Slubicer Wohnheimen tagtäglich die Stadtbrücke queren und damit die besten Kunden einer solchen Linie wären. Nachdem der Allgemeine Studentische Ausschuss (AStA) schon Ende Januar/Anfang Februar zwei Wochen lang einen Bus zwischen beiden Städten pendeln ließ, den aus rechtlichen Gründen allein Studenten nutzten durften, drängt er jetzt auf die baldige Einrichtung einer Linienverbindung.

"Wir arbeiten an einer Fortsetzung", sagt der AStA-Vorsitzende Nicolai Woyczechowski. Alles hänge von der Finanzierung ab: Der AStA werde eine solche Verbindung nicht noch einmal alleine bezahlen, sagt er. Er drängt auf ein gemeinsames Projekt mit den beiden Städten und Sponsoren. Die Universität sagte ihre Unterstützung bereits zu. Sein Stellvertreter Christian Nitsche sagt, Ziel sei, den Studentenbus im Sommersemester für mehrere Monate fahren zu lassen. Mit dem Projekt solle Druck gemacht werden, dass die beiden Städte eine öffentliche Nahverkehrslinie einrichten.

Noch gibt es EU-Fördermittel

Woyczechowski verweist darauf, dass während des Pilotprojekts über 2000 Studenten mit dem Bus fuhren. Die Auslastung habe bei über 50 Prozent gelegen. Vor allem Studierende aus den polnischen Wohnheimen seien "euphorisch" gewesen: Ihr Weg zur Uni habe sich von einer knappen halben Stunde auf gut zehn Minuten verkürzt. Unterstützung erhält der AStA durch eine im März von Viadrina-Wirtschaftsstudenten vorgestellte Machbarkeitsstudie zum grenzüberschreitenden Nahverkehr.

"Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen gewinnt das Thema neue Bedeutung", sagt Daniel Ambach, einer der Autoren. Eine Linie über die Brücke würde nicht nur bequem sein und die Umwelt schonen, sondern auch das Image von Frankfurt als Gewerbe- und Studienstandort aufwerten und die Annäherung beider Städte fördern. Die ökonomischste Variante wäre eine Straßenbahnverbindung, heißt es in der Studie. Da die aber beim Bürgerentscheid vom Januar 2006 durch die Frankfurter mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden war, empfehlen die Studenten eine Buslinie. Wichtig sei, die Menschen davon zu überzeugen, dass eine solche Verbindung allen nutze.

Auf Slubicer Seite sitzt der Frust über die verpasste Chance einer grenzüberschreitenden Tramlinie noch immer tief: "Ich bedaure sehr, dass es nicht zu einer Straßenbahnverbindung zwischen beiden Städten gekommen ist", sagt der Leiter der Wirtschaftsabteilung in der Stadtverwaltung, Tomasz Pisarek. Beide Städte bräuchten eine Nahverkehrslinie. Noch gebe es dafür Fördermittel der EU, mahnt er.

Busverkehr wäre kurzfristig umsetzbar

Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt (CDU) ist seit jeher Anhänger einer Verbindung mit Slubice. "Es ist meine tiefe Überzeugung, dass ein öffentlicher Nahverkehr beide Städte verbinden sollte", sagt er. Eine Buslinie hält er für relativ kurzfristig umsetzbar, Experten sprechen von drei bis sechs Monaten. Jetzt müsse sich die Slubicer Stadtverwaltung positionieren. Da werde Frankfurt keinen Druck ausüben.

Der Slubicer Bürgermeister Ryszard Bodziacki bremst eine übergroße Euphorie der Studenten: "In Slubice hat es nie einen städtischen Nahverkehr gegeben, deshalb muss man bei Null beginnen", sagt er. Es müssten zahlreiche Genehmigungen eingeholt und Haltestellen eingerichtet werden. Strittig ist auch, welche Seite die Buslinie betreiben soll. So vereinbarten beide Städte, dass sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema befassen soll.

Offen ist, wie sich die Slubicer Taxifahrer, die jahrelang eine Buslinie verhinderten und mit Blockaden der Grenzbrücke drohten, verhalten werden. Die Studenten sind der Ansicht, dass deren Lobby geschwächt ist. Seit dem Wegfall der Grenzkontrollen ist die Zahl der Taxis geschrumpft, weil die Deutschen heute, da es keine Grenzstaus mehr gibt, stärker als früher im eigenen Auto über die Grenze fahren. Die Autofahrer wiederum wären potenzielle Kunden für eine Nahverkehrsverbindung, sagen die Autoren der Studie.

Jörg Schreiber[ddp]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false