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Brandenburg: Hohe Strafen im Prozess um Aussiedler-Tod

Bis zu zehn Jahre für junge Männer, die Kajrat Batesov nach der Disko totschlugen/Verteidiger will Urteil anfechten

Von Frank Jansen

Neuruppin. Mit teils harten, teils milden Strafen hat das Landgericht Neuruppin den gewaltsamen Tod des Aussiedlers Kajrat Batesov und die Misshandlung seines Freundes Maxim Kartagusov geahndet. Der Haupttäter Patrick Sch. erhielt zehn Jahre Haft wegen Totschlags, versuchten Totschlags und zwei weiterer Delikte. Sch. (23) hatte während der Prügelorgie in der Nacht zum 4. Mai 2002 vor einem Wittstocker Tanzlokal einen fast 18 Kilogramm schweren Feldstein auf die Aussiedler geworfen. Der 24-jährige Batesov starb knapp drei Wochen später im Krankenhaus Pritzwalk an inneren Verletzungen.

Den Angeklagten Ralf A. verurteilte die Jugendkammer unter Vorsitz von Richterin Gisela Thaeren-Daig zu sieben Jahren Haft. Der 22-jährige A. hatte auf Batesov gesessen und ihm mit beiden Fäusten ins Gesicht geschlagen. Marko F. (21), den die Staatsanwaltschaft ursprünglich für den Steinwerfer hielt und der vor der Tat mit Patrick Sch. Kokain konsumiert hatte, muss für seine Schläge und Tritte sechs Jahre hinter Gitter. Der zur Tatzeit betrunkene Mike Sch., der auf Maxim Kartagusov eingetreten hatte, wurde wegen vorsätzlichen Vollrauschs zu zweieinhalb Jahren verurteilt. Die Kammer hob jedoch den Haftbefehl auf, Sch. konnte den Saal als freier Mann verlassen. Der fünfte Angeklagte, Michael H., bekam mit einem Jahr auf Bewährung. Er hatte versucht, Maxim Kartagusov einen Faustschlag zu versetzen.

Aufgewühlt und offenbar nicht einverstanden vernahmen die Mutter und der Bruder von Kajrat Batesov sowie Maxim Kartagusov das Urteil. Die drei wollten sich aber nicht äußern. Ihre Anwältinnen hatten auf Mord plädiert und den Angeklagten ein rassistisches Motiv vorgeworfen. Die Jugendkammer konnte jedoch bei der Tat nur eine diffuse, unterschwellig mitschwingende Fremdenfeindlichkeit erkennen. Die Angeklagten hätten wegen einer vermeintlichen Unverschämtheit der beiden Aussiedler gemeint, sie müssten „das eigene Revier verteidigen“.

Batesov und Kartagusov sollen nach dem Ende einer Techno-Disko in dem Wittstocker Lokal die Täterclique um Zigaretten gebeten haben. Thaeren-Daig hielt den Angeklagten „Alkoholisierung, Selbstüberschätzung und Imponiergehabe“ vor. Scharfe Kritik äußerte die Richterin auch an den vielen jungen Zeugen, die mit den fünf Tätern befreundet sind und sie mit falschen Angaben entlasten wollten. Das Verhalten dieser „lügenden Mittäter“ sei „gewissenlos, verantwortungslos und feige“. Die Kammer habe aber dennoch den Tatablauf aufklären können. Gegen 14 Zeugen ermittelt die Staatsanwaltschaft – wegen Falschaussage.

In seinem Plädoyer hatte Staatsanwalt Kai Clement härtere Strafen gefordert, aber auf eine Revision wird er vermutlich trotzdem verzichten. Der Verteidiger von Patrick Sch., der Freispruch gefordert hatte, will das Urteil anfechten. Die gegen Sch. verhängten zehn Jahre Haft werden sich noch verlängern, da der Schläger wegen eines anderen Delikts eine Strafe von 14 Monaten offen hat. Die Haft war zur Bewährung ausgesetzt, sie wird nun widerrufen.

Abweichend von der üblichen Praxis ließ die Jugendkammer im Fall zweier Angeklagter, die zur Tatzeit noch keine 21 Jahre alt waren, nicht das Jugendstrafrecht gelten. Marko F. und Mike Sch. hätten weder jugendtypisches Fehlverhalten gezeigt, noch seien Entwicklungsrückstände zu erkennen.

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