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Brandenburg: „Jugendweihen sind nun einmal Realität“

Warum Jörg Schönbohm bei einer nicht-christlichen Feier redete und Bischof Hubers Kritik zurückweist

Am vergangenen Sonnabend hielt Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) die Festrede auf einer Jugendfeier in der Gesamtschule Wittenberge. Wolfgang Huber, Bischof von Berlin und Brandenburg, reagierte heftig: Mit solch einem Auftritt werde die weltanschauliche Neutralität des Staates verkehrt und diesen nichtchristlichen Feiern der Anschein einer staatlichen Autorisierung verliehen. Wir fragten den CDU-Chef nach seinen Beweggründen.

Darf ein christdemokratischer Minister auf einer nicht-christlichen Feier reden?

Natürlich. Sonst müsste man 70 Prozent der brandenburgischen Jugendlichen einfach ignorieren. Das kann und will ich nicht. Jugendweihen sind im Osten der Republik nun einmal eine soziale Realität.

Ich kann mich an saftige Polemik von Ihnen gegen die Jugendweihe erinnern.

Ein bisschen habe ich mich in dieser Frage auch bewegt. Der Schritt ist mir nicht leicht gefallen, ich fand es aber wichtig, dass es keine Veranstaltung der Humanistischen Union war. Ich habe auf einer Jugendfeier gesprochen, zu der mich Eltern eingeladen hatten. Dort ist auch nichts Schlimmes passiert: Die jungen Leute erhielten Lexika und Schreibsets. Dazwischen gab es Worte der Weisheit von Konfuzius und Musik. Ich selbst sprach über das christliche Menschenbild und die Verantwortung des Einzelnen.

Warum hat Sie Bischof Wolfgang Huber dann so hart und öffentlich kritisiert?

Das wüsste ich auch gern. Schließlich haben auch schon Parteifreunde von Herrn Huber wie Minister Steffen Reiche (SPD) oder Ex-Ministerin Angelika Peters (SPD) auf Jugendweihefeiern geredet. Herr Reiche macht das in den nächsten Tagen auch wieder. Warum sich Herr Huber bei seinen Parteifreunden zurückhält, mich aber massiv angreift, ist mir ein Rätsel. Ein Bischof sollte parteipolitisch zumindest nach außen doch immer neutral sein. Außerdem hatte ich ihn sogar zuvor von meiner Rede informiert.

Warum?

Als bekennender Protestant lag es mir am Herzen, ihm anzubieten, einen Bischofsbrief für die Feier zu verfassen. Den wollte ich dort verlesen. Aber er lehnte ab.

Da hätten Sie doch schon ahnen können, was auf sie zukommt, oder?

Nein, darauf war ich nicht gefasst. So harte und öffentlich vertretene Positionen hätte ich mir von Herrn Huber gewünscht, als wir bei den Koalitionsverhandlungen 1999 für den Religionsunterricht in Brandenburg kämpften. Aber da stand die CDU allein. Die Kirchenleute beschränkten sich auf Sonntagsreden und die evangelischen Pastoren in der SPD votierten gegen den Religionsunterricht.

Böse Zungen behaupten, die Rede auf der Jugendfeier sollte Wählerstimmen bringen.

Ich habe dort als dreifacher Vater und sechsfacher Großvater gesprochen. Auch wenn ich es bedauere, dass die Zahl der Konfirmationen so gering ist im Vergleich zu den Jugendweihen und Jugendfeiern, muss man doch akzeptieren, dass es sie gibt. Besser als gar keine Feier.

Wie meinen Sie das?

Jede Kultur zu jeder Zeit pflegt ihre Rituale. Dazu gehört, dass junge Menschen ihren Eintritt ins Erwachsenenalter feiern. Und machen wir uns nichts vor: Das Wichtigste ist doch, dass sie an diesem Tag im Mittelpunkt stehen. Dass die Familie ihnen zuliebe zusammenkommt und dass sie Geschenke erhalten. Wenn ein solcher Tag auch Anlass ist, mit den jungen Menschen über Werte zu reden, umso besser. Die Werte können sich aus der Bibel herleiten, aber auch aus dem Grundgesetz und ,Würde des Menschen‘ heißen. Auch wenn die christliche Nächstenliebe letztlich die Basis für das Grundgesetz ist.

Das Gespräch führte Sandra Dassler

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