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Brandenburg: Justizministerin: Ich stehe das durch

Der Gefängnisskandal belastet Richstein zunehmend. Am Montag muss sie im Rechtsausschuss aussagen

Von Michael Mara

und Thorsten Metzner

Potsdam. Der Fernsehauftritt am Donnerstag ist missglückt. Barbara Richstein muss es gespürt haben. Brandenburgs CDU-Justizministerin wirkte unsicher, als die Fragen des RBB-Moderators zu den Misshandlungen in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg immer bohrender wurden. „Ziehen Sie persönliche Konsequenzen?“ Da geriet Richstein, mit 38 Jahren die Jüngste im Kabinett, aus der Fassung. Doch die Frage wird immer lauter gestellt. Nicht nur PDS, FDP und Grüne fordern ihren Rücktritt. Auch Sozialdemokraten, die mit der CDU regieren.

Dabei hat Richstein nach Bekanntwerden der Vorwürfe im Brandenburger Gefängnisskandal keinen Fehler gemacht: Sie suspendierte sofort fünf Vollzugsbeamte. Sie sollen am 13. Januar einem herzkranken Häftling trotz eines schweren Herzinfarkts ärztliche Hilfe verweigert und den 55-Jährigen gefesselt in eine Arrestzelle gesperrt haben. Richstein leitete gegen acht Beamte Disziplinarverfahren ein und will die Anstaltsleitung zur Verantwortung ziehen.

Trotzdem wird sie sich auf der Sondersitzung des Rechtsausschusses am Montag unbequeme Fragen gefallen lassen müssen: Wie konnten dem Ministerium Strafanzeigen von Häftlingen über Misshandlungen verborgen bleiben? Warum hat sie erst durch eine RBB-Sendung von der unterlassenen Hilfeleistung im Januar und den schon vor zwei Monaten eingeleiteten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft erfahren? Wieso konnten in der JVA Brandenburg jahrelang Wärter mit Sturmmasken vermummt gegen störende Häftlinge vorgehen?

„Das ist mir nicht bekannt gewesen“, sagte Richstein, die das Tragen der Masken umgehend verboten hat. Sie waren 1994 unter Justizminister Hans-Otto Bräutigam angeschafft worden. Richstein hat inzwischen auch per Erlass die Berichtspflichten für die Anstaltsleitungen verschärft. „Was hätte ich denn noch tun sollen?“, fragte die Ministerin, überrascht von der Wucht der Anwürfe. „Den Vorwurf, dass ich vertusche, lasse ich mir nicht machen.“ Schon bei der Trennungsgeld-Affäre griff sie hart durch, veranlasste eine Überprüfung der gesamten Justiz und machte sich damit viele Feinde.

Die Anwältin ist im Sommer 2002 als politische Seiteneinsteigerin überraschend Nachfolgerin von Kurt Schelter geworden, der über eine Immobilienaffäre gestürzt war. Selbst Parteifreunde räumen ein, dass Richstein, die früher als mögliche Nachfolgerin Schönbohms galt, „geschwächt ist“. Sie beklagen, dass die Vize-Parteichefin „politisch blass geblieben“ sei. Schon vor dem Gefängnisskandal gab es Kritik aus den eigenen Reihen: Sie vernachlässige die Europapolitik, für die sie zuständig ist. Dass die Partei sie mitten im Wahlkampf fallen lässt, glauben aber nur wenige. Die Marathonläuferin selbst sagt: „Ich habe die Ausdauer, das durchzustehen.“ Allerdings wisse sie, dass keine neuen „Minen“ hochgehen dürfen.

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