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Brandenburg: Kindermörder bleibt in Haft

Erstmals neues Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung angewendet

Von Sandra Dassler

Frankfurt (Oder) - Wieder klicken die Handschellen. Regungslos lässt es der Mann im grauen Pullover geschehen. Dabei hatte Burkhardt M. gehofft, nach fünfzehn Jahren Haft das Landgericht Frankfurt als freier Mann verlassen zu können. Doch Richter Matthias Fuchs machte diese Hoffnung gestern zunichte: „Im Namen des Volkes … wird nachträgliche Sicherheitsverwahrung angeordnet.“

Im „Namen des Volkes“ hatte bei diesem Urteil einen sehr direkten Bezug. Denn das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Burkhardt M. eine Gefahr für die Bevölkerung sei. Er habe einen Hang zu Gewaltverbrechen, neige zu Sadismus und destruktiven Handlungen, die sich gegen jeden richten könnten.

Im April hatte der heute 45-Jährige seine Strafe abgesessen: 15 Jahre für die sadistische Tötung und Schändung einer 24-jährigen Frau und die Ermordung ihres dreijährigen Sohns im April 1992 im Oderbruch. Die Tat gilt als „das grausamste Verbrechen Brandenburgs“.

Dennoch ist das gestrige Urteil alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Bislang waren alle Anträge auf nachträgliche Sicherungsverwahrung im Land Brandenburg gescheitert. Unter anderem, weil diese auf viele Fälle gar nicht anwendbar war: Sie konnte nur verhängt werden, wenn sich während der Haftzeit neue Erkenntnisse ergaben, die eine „Fortdauer der Gefährlichkeit“ begründeten. Deshalb war beispielsweise der Serienvergewaltiger Uwe K. kürzlich freigekommen. Erst seit drei Wochen ist eine Gesetzesänderung in Kraft. Nun reicht bei zwischen 1990 und 1995 in den neuen Bundesländern Verurteilten auch die bloße Fortdauer der Gefährlichkeit – ohne dass es neuer Erkenntnisse bedürfte.

Im Fall Burkhardt M. sah das Gericht beides gegeben: Als „neue Erkenntnis“ wertete es, dass der Mörder in der Haft mehrfach gedroht hatte, zwei Polizeibeamte umzubringen – aus Rache, weil diese ihn „unschuldig ins Gefängnis gebracht hätten“. Allerdings war M. erst kürzlich in einem anderen Prozess, in dem er wegen dieser Bedrohung angeklagt war, freigesprochen worden. Die „alte Erkenntnis“ sei, so das Gericht, dass der Mann zu Sadismus und Gewalt neige.

Verteidiger Matthias Schöneberg bezeichnete das Urteil als „falsch“und ging in Revision. Burkhardt M. habe sich in den 15 Jahren Haft nie provozieren oder zu Tätlichkeiten hinreißen lassen, sagte er. Er könne keine Gefährlichkeit erkennen. Notfalls werde er die Sache bis zum Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verfolgen. Der Staatsanwalt begrüßte das Urteil als „im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit“. Burkhardt M. hatte angekündigt, in Brandenburg/Havel leben zu wollen. Nun bleibt er auf unbestimmte Zeit im Gefängnis.

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