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Brandenburg: Königliche Familienbande

Elizabeth II. und Prinz Philip wandeln Mittwoch auf britischen Spuren durch Potsdam und Stahnsdorf

Potsdam – Wenn Königin Elizabeth II. am Mittwoch das Krongut Bornstedt besucht, dann spaziert sie dort über einen Flecken Erde, auf dem ihre Ururgroßmutter, Prinzessin Victoria (1837–1901), ihre glücklichsten Jahre verbracht hat. Die hat dort ihre Liebe zur Natur und zu den Blumen entdeckt, Veilchen gezüchtet, die unter dem Namen „Victoria-Veilchen“ europaweit verkauft wurden, sie hat englischen Chic in deutsche Rasen trimmen und Rasenmäher importieren lassen.

Es ist nicht die einzige englische Spur, die Königin Elizabeth II. und ihr Gemahl Prinz Philip im märkischen Sand finden. Sie beginnen ihren rund fünfstündigen Besuch im Schloss Cecilienhof, wo bis zuletzt Handwerker wirbeln. Das Schloss wurde von 1913 bis 1917 im Stil eines englischen Landhauses erbaut, als Residenz des Kronprinzen Wilhelm, des Urenkels von Königin Victoria, und somit einer Art Großonkel von Elizabeth II.

Im Konferenzsaal, wo zwischen dem 17. Juli und dem 2. August 1945 die drei alliierten Siegermächte die Nachkriegsordnung Europas besprachen und im Potsdamer Abkommen festlegten, werden die Wände gerade weiß angestrichen. Für den roten Salon hat eine Weberei die historische rosa Wandbespannung rekonstruiert, nachdem sie zu DDR-Zeiten durch eine gummiartige Substanz ersetzt worden war. Unter ihr fanden Restauratoren Reste alter Stoffe. Der graue Asphalt vor dem Haupteingang des Schlosses ist verschwunden und durch portugiesische Granitplatten ersetzt worden. Darauf sollen die Potsdamer „Langen Kerls“ ohne Stolpergefahren paradieren. Die Mitglieder des auf die Ehrengarde des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. zurückgehenden Traditionsvereins sind größer als 1,90 Meter – also ein etliches größer als die Queen.

Um 13 Uhr speisen die Majestäten mit Ministerpräsident Matthias Platzeck, zuvor trennen sich kurz ihre Wege. Die Queen will das Schloss kennen lernen und vielleicht nach den Büchern von Winston Churchill suchen, die der Regierungschef während der Verhandlungen 1945 hier zurückließ. Der musste die Konferenz vorzeitig verlassen, weil die Labour Party die heimischen Wahlen gewann und ein neuer Premier nach Potsdam kam.

Der Herzog besichtigt in dieser Zeit die kürzlich in Berlin-Köpenick entstandene Nachbildung der Segelfregatte „Royal Louise“, die als Dreimaster im 19. Jahrhundert die Weltmeere befuhr. 1831 hatte König Wilhelm IV. von England die Fregatte an Preußen geschenkt. In der 2003 eröffneten Gasthausbrauerei „Meierei“ neben dem Schloss Cecilienhof trifft sich der Herzog mit Schülern aus Berlin, Brandenburg und und Nordirland, die an einem Austauschprogramm teilnehmen.

Kurz vor 15 Uhr geht es dann zum Krongut Bornstedt. Ab 1867 verbrachten Kronprinz Friedrich Wilhelm und Prinzessin Victoria, Tochter der Königin Victoria von England, große Teile des Sommer mit ihren Kindern. Nach und nach entwickelte das Paar Bornstedt zu einem Mustergut der Hohenzollern für die Milchwirtschaft und die Hühnerzucht. Höhepunkte waren alljährlich die Erntedankfeste, zu denen die ganze Dorfbevölkerung ins Gut eingeladen wurde.

1887 übernahm Victoria das Protektorat des „Vereins deutscher Rosenfreunde“. Ihr zu Ehren taufte der Verein eine Bourbonrose auf den Namen „Kronprinzessin Victoria“. 1889 folgten die Teerosen „Kaiserin Friedrich“ sowie „Kaiser Friedrich“ und schließlich eine Potsdamer Orchidee, die „Empress Frederick“. Noch heute ist der von Victoria angelegte Rosengarten mit sieben historischen Sorten zu bewundern. In der am Krongut vorbei führenden Ribbeckstraße (bis 1935 trug sie den Namen Victoriastraße) ließ die Kronprinzessin 1877 ein Schulhaus im Stil englischer Landhäuser sowie 1884 eine „Kinderbewahrungsanstalt“ für die Sprößlinge der Landarbeiter bauen. Victoria gab damit ein Vorbild für andere Grundbesitzer.

Während des Besuchs der Queen bleibt das Krongut geöffnet, wenn auch unter Einschränkungen. Besucher müssen sich auf Sicherheitskontrollen einstellen. Die Delegation besucht unter anderem das Herrenhaus, wo das Kronprinzenpaar einst wohnte. Danach treffen sich die Queen und der Herzog mit Beschäftigten des Triebwerksherstellers Rolls-Royce aus Dahlewitz.

Auf britisches Hoheitsgebiet begibt sich die Delegation schließlich kurz vor 16 Uhr in Stahnsdorf. 1924 hatte die Berliner Stadtsynode den Soldatenfriedhof London überlassen. Auf der 7700 Quadratmeter großen Fläche fanden 1176 Soldaten aus Großbritannien, Australien, Kanada, Indien, Südafrika und Neuseeland ihre letzte Ruhe. Sie starben zwischen 1914 und 1919 in deutschen Kriegsgefangenenlagern. Am großen Steinkreuz wird die Queen einen Kranz niederlegen und dann mit Mitgliedern der Stahnsdorfer Kirchengemeinde sprechen, die die britischen Gedenkfeiern auf dem Friedhof zu DDR-Zeiten unterstützten.

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