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Brandenburg: Leichtfertiger Vorwurf

Gerd Nowakowski

Rassistische Schläger in Potsdam, ein Überfall in Weimar, eine Kette von Brandstiftungen gegen Ausländer in Rheinsberg – erschreckende Taten. Zynisch ist es, sich nun um das Image des WM-Gastgebers zu sorgen. Immerhin ist die rechte Gewalt schon seit vielen Jahren in Brandenburg eine furchtbare und zuweilen mörderische Realität. Menschen, die gegen Rassismus angehen, die stetig warnen, haben es trotzdem schwer. Uwe-Karsten Heye, der frühere Sprecher der Bundesregierung, hat das gerade erfahren müssen, weil er vor der Fußball-WM auf für Ausländer gefährliche Landstriche hinwies. Gleiches gilt auch für den Potsdamer Verein „Opferperspektive“. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg hat ihr jetzt eine „zuweilen leichtfertige Einordnung von Sachverhalten als rechtsextremistische oder fremdenfeindliche Taten“ vorgeworfen. Hintergrund: Die Opferperspektive hat 2005 insgesamt 128 rechte Angriffe, Bedrohungen und Nötigungen dokumentiert, das Landeskriminalamt nur 97 Taten.

Was soll der Vorwurf? Immerhin wären auch 97 Taten erschreckend viele für ein kleines Land wie Brandenburg. Generalstaatsanwalt Rautenberg weiß auch, dass die Brandenburger Polizei in der Vergangenheit manchmal bei der Einordnung von Straftaten grob daneben gelegen hat und die Aufklärung eines rechtsextremen Hintergrunds zuweilen nicht mit der gebotenen Energie betrieben hat. Es war oft genug gerade der Opferperspektive zu danken, dass Vorfälle nicht heruntergespielt wurden, sondern gedemütigte oder verletzte Opfer doch noch Genugtuung erfahren haben. Zuweilen stellte sich erst nach massivem Druck heraus, dass es bei Taten, die als bloße Körperverletzung eingestuft wurden, doch fremdenfeindliche Motive gab. Alles eine Übertreibung?

Die Aufgabe des Vereins ist es zu warnen, Vorfälle öffentlich zu machen und den zumeist ausländischen Opfern eine Stimme zu geben. Die Ermittlungen kann der Verein der Polizei und der Staatsanwaltschaft nicht abnehmen. Was soll von Rautenbergs Vorwurf in den Köpfen hängen bleiben? Dass alles gar nicht so schlimm ist in Brandenburg? Gerade der Generalstaatsanwalt weiß es besser.

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