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Brandenburg: Ministerium moniert Wochenend-Wahlrecht

POTSDAM (ma).Die Zulassung von 156 größtenteils Berliner Datschenbesitzern in Dolgenbrodt zur Kommunalwahl wird ein gerichtliches Nachspiel haben und wahrscheinlich sogar das Verfassungsgericht beschäftigen.

POTSDAM (ma).Die Zulassung von 156 größtenteils Berliner Datschenbesitzern in Dolgenbrodt zur Kommunalwahl wird ein gerichtliches Nachspiel haben und wahrscheinlich sogar das Verfassungsgericht beschäftigen.Innen-Staatssekretär Werner Müller meldete gestern Zweifel an der Entscheidung des Kreiswahlleiters an: Er hätte eine Einzelfallprüfung vornehmen müssen.Die Landtagsparteien teilen die Bedenken."Die Geschichte ist nicht ausgegessen", sagte die Rechtsreferentin der SPD-Fraktion, Andrea Feth.Auch der rechtspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Stefan Ludwig, verlangte eine juristische Klärung.

Ursache des bundesweit einmaligen Vorgangs ist das im März vom Landtag verabschiedete neue Kommunalwahlgesetz: Auf Betreiben der SPD sowie gegen Bedenken von PDS und CDU wurde die Regelung aufgenommen, daß Personen auf Antrag auch dann ins Wählerverzeichnis aufgenommen werden können, wenn sie bei keiner Meldebehörde des Landes mit Hauptwohnsitz gemeldet sind, aber einen ständigen Wohnsitz in der betreffenden Gemeinde haben.Diese Regelung war schon 1994 auf Landesebene eingeführt worden, um in Berlin wohnhaften Ministern und Abgeordneten die erneute Kandidatur zu ermöglichen.Betroffen war seinerzeit die SPD-Ministerin Regine Hildebrandt, weshalb das Gesetz auch als "Lex Hildebrandt" bezeichnet wurde.Wegen des Gleichheitsgrundsatzes hat die SPD das Kommunalwahlgesetz der Regelung angepaßt - nach Ansicht des PDS-Experten Ludwig "unüberlegt".Wie sich in Dolgenbrodt zeige, könne man Landtags- und Kommunalwahl nicht in einen Topf werfen.

Der Dolgenbrodter Ex-Bürgermeister Karl Pfannenschwarz, der die Wahl anfechten will, erhebt grundlegende Vorwürfe: Es widerspreche dem Demokratieprinzip einer Wahl und der kommunalen Selbstverwaltung, wenn mehr Auswärtige als Einheimische wählen könnten.Es gebe in Dolgenbroth 661 Personen mit Zweitwohnsitz, aber nur 303 Einwohner.Außerdem könne es nicht angehen, daß die Berliner Datschenbesitzer zweimal wählen könnten: in Dolgenbrodt und in Berlin.Davon abgesehen liege der "Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse" nicht in Dolgenbrodt, sie kämen nur am Wochenende.Dem widerspricht die Vorsitzende des Grundstücksnutzer-Vereins, Lieselotte Hellmann.Es handele sich um viele Rentner, die vom Frühjahr bis zum Herbst in Dolgenbrodt lebten.Auch Innen-Staatssekretär Werner Müller betont, daß die Wochenendnutzung der Datsche für die Zulassung nicht ausreiche.

Inzwischen liegen Anträge auf Zulassung weiterer 46 Datschenbesitzer vor.Die örtliche Wahlleiterin Ute Preißler sagte gestern, sie werde die Anträge ablehnen.Kreiswahlleiter Jürgen Marks gerät dadurch noch stärker in die Zwickmühle: Nachdem er 156 Datschenbesitzer zugelassen hat, kann er die 46 neuen Antragsteller kaum ablehnen.

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