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Brandenburg: Mit Pulverstrahl und Ultraschall

Professionelle Zahnreinigung beugt Karies und Zahnfleischentzündungen vor – noch muss der „Kunde“ aber selbst dafür aufkommen

Wenn sich die Sitten und Gebräuche ändern, verlieren manche Sätze den Überraschungseffekt, den sie früher einmal hatten. Der fröhliche kindliche Ausruf „Mutti, Mutti, er hat gar nicht gebohrt!“, den viele noch aus der Werbung kennen, gehört zu diesen Sätzen. Denn dass ein Zahnarztbesuch mit hoher Wahrscheinlichkeit in unangenehmen Bohrarbeiten gipfelte, wissen viele Jüngere gar nicht mehr aus eigener Erfahrung.

„Man geht heute nicht erst dann zum Zahnarzt, wenn etwas kaputtgegangen oder erkrankt ist, sondern frühzeitig und regelmäßig zwischendurch, um sich beraten und helfen zu lassen, damit Zahn- und Zahnbettschäden gar nicht erst entstehen“, sagt Birgit Dohlus, die Pressesprecherin der Berliner Zahnärztekammer. Längst ist unter Zahnärzten von einem „Paradigmenwechsel“ die Rede, von der bohrenden und Löcher stopfenden zur präventiven Zahnheilkunde.

Immer mehr Menschen kommen regelmäßig in eine Zahnarztpraxis, um sich dort Zähne und Zahnbett professionell reinigen zu lassen. Eine Emnid-Umfrage, die im Auftrag der Firma Colgate gestartet wurde, ergab im Jahr 2003: Immerhin 55 Prozent der Befragten haben schon mindestens ein Mal eine professionelle Zahnreinigung in Anspruch genommen.

Karies und Parodontitis werden durch bakterielle Zahnbeläge verursacht. Innerhalb von Stunden besiedeln Bakterien, die zu den normalen Bewohnern des menschlichen Mundes gehören, frisch gereinigte Zahnoberflächen. Schon nach etwa zwölf Stunden haben sie einen geschlossenen „Bakterienrasen“ gebildet. Aus diesem Bakterienrasen hat sich wieder einige Stunden später ein Zahnbelag (Plaque) entwickelt. Der wiederum ist aufgrund seines Stoffwechsels in der Lage, Karies zu verursachen. Grundlage für Wachstum und Stoffwechselleistungen der Plaque ist der in der menschlichen Nahrung enthaltene Zucker. Der schadet mehr, wenn er über längere Zeit auf die Zähne einwirken kann – wie etwa beim Dauernuckeln süßer Tees aus dem Fläschchen. Durch vernünftige Ernährung und gute Zahnpflege von klein auf kann man das Risiko vermindern.

Darüber hinaus aber kann man nachweislich etwas für das lange Leben der Zähne tun, wenn man von Zeit zu Zeit die Profis die Reinigung übernehmen lässt. „Professionelle Zahnreinigung wirkt, das haben uns jetzt gerade wieder die Langzeitergebnisse einer schwedischen Studie gezeigt, in der die Patienten über 21 Jahre begleitet wurden“, sagt die Zahnmedizinerin Mozhgan Bizhang von der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin am Zentrum für Zahnmedizin der Charité. Im Ratgeber „Zähne“ der Stiftung Warentest ist über die fachmännische Prophylaxe zu lesen: „Wer Wert auf intakte Zähne und gesundes Zahnfleisch legt, kommt um die professionelle Vorbeugung (Prophylaxe) nicht herum.“

Kern der Behandlung ist die Entfernung von weichen Belägen, den Plaques, und harten Ablagerungen, dem Zahnstein, auf den Zahnoberflächen. Dafür wird ein ganzes Arsenal von Hilfsmitteln eingesetzt: Bürstchen, Zahnseide, Sandpapierstreifen, Ultraschallinstrumente und Pulverstrahlsysteme, Polierinstrumente und Spezialpasten. Davor und danach stehen Bestandsaufnahme, persönliche Beratung über die richtige Zahnpflege und eventuell eine Fluoridierung der Zähne auf dem Programm.

Wie groß die Abstände zwischen den Reinigungs-Sitzungen sein sollen, muss nach Ansicht von Frau Bizhang individuell entschieden werden. „Wenn die Patienten die Zähne selbst gut pflegen und keine Anzeichen für Karies vorhanden sind, kann man die Abstände nach einiger Zeit vergrößern.“ In anderen Fällen, zum Beispiel bei tiefen, schwer zu pflegenden Zahnfleischtaschen, ist eine engmaschige Betreuung wichtig. Meist übernehmen Zahnmedizinische Prophylaxe-Assistentinnen in der Praxis eines Zahnarztes die Behandlung. Noch weiter spezialisiert sind die Dentalhygienikerinnen. Die Kosten variieren je nach Aufwand, bewegen sich jedoch im Allgemeinen nach Auskunft der Berliner Zahnärztekammer zwischen 75 und 100 Euro.

„Die Kosten können bei mehreren Sitzungen unter Umständen schmerzen, bei tadelloser Arbeit ist das Geld aber gut angelegt“, meint man bei der Stiftung Warentest. In den Berliner Zahnarztpraxen wird das Angebot „Professionelle Zahnreinigung“ immer mehr nachgefragt – und das, obwohl die gesetzlichen Krankenkassen es bei Erwachsenen nicht bezahlen. Zahnmedizinerin Bizhang sieht darin auch etwas Gutes: „Erfahrungen aus der Schweiz haben gezeigt, dass man sich eher um eine Sache kümmert, die man selbst bezahlen muss.“ Die professionelle Reinigungsaktion schützt zudem nicht nur Zähne und Zahnfleisch, sondern kann auch der Verschönerung dienen.

Im Internet kann man unter www.zaek-berlin.de nach Praxen suchen, die Prophylaxe anbieten.

Buchtipp: Manfred Tacha: Zähne. Vorsorge, Behandlung, Kosten. 12,90 Euro. Stiftung Warentest 2005.

Adelheid Müller-Lissner

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