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Brandenburg: Nach dem Rücktritt offene Worte

Trennungsgeld-Affäre: Schwere Vorwürfe des Ex-Justizstaatssekretärs gegen die Generalstaatsanwaltschaft

Potsdam - Der bisherige Staatssekretär im Justizministerium Hans-Georg Kluge hat schwere Vorwürfe gegen Brandenburgs Generalstaatsanwaltschaft erhoben. Ihr Verhalten in der Trennungsgeld-Affäre sei „hochproblematisch“ und lasse auf Befangenheit schließen, sagte er dem Tagesspiegel. Noch am Mittwochnachmittag, kurz nach der Ernennung der neuen Justizministerin Beate Blechinger (CDU), bat er diese um seine sofortige Entlassung. Blechinger entsprach der Bitte. Eigentlich war geplant, dass Kluge noch für eine Übergangszeit im Amt bleibt.

Er wolle die Freiheit haben, sich gegen falsche Behauptungen zur Trennungsgeld-Affäre zu wehren, begründete Kluge gegenüber dem Tagesspiegel seine Demission. Der Anlass: Vize-Generalstaatsanwalt Ewald Bröhmer bestreitet in einem Brief an den Tagesspiegel, dass Brandenburger Spitzenjuristen zu Unrecht Trennungsgeld erhalten hätten. Es wird unter speziellen Bedingungen gezahlt, wenn Wohn- und Dienstort auseinander liegen. Laut Bröhmer sind Berichte über zu viel gezahltes Trennungsgeld an hohe Justizbeamte „aktuell falsch“ und auch mit Blick auf den Ausgang der formal noch offenen Untersuchungen „realitätsfern“. Wörtlich heißt es: „In praktisch keinem Fall gibt es außer ehrabschneidenden Verunglimpfungen eine konkrete Feststellung.“

Dies wertet Kluge als „unerhörten Vorgang“ und ein Indiz dafür, dass die Generalstaatsanwaltschaft die TrennungsgeldAffäre möglichst schnell und geräuschlos beerdigen will. Es sei unzulässig, sagte Kluge, dass der für die Trennungsgeld-Ermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft zuständige Bröhmer sich in der Öffentlichkeit in dieser Art und Weise zu laufenden Verfahren äußere. Für problematisch halte er Bröhmers Äußerungen auch deshalb, weil zwei Beamte der Generalstaatsanwaltschaft selbst in die Trennungsgeldaffäre verwickelt seien. Gemeint sind Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, der laut früheren Erklärungen von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) 5000 Euro Trennungsgeld zurückzahlen wollte, sowie Behördensprecher Rolf Grünebaum, gegen den das Justizministerium ein Disziplinarverfahren führt. Kluge sagte, „es wäre guter Stil gewesen“, die bei der Generalstaatsanwaltschaft laufenden Ermittlungen abzugeben, wenn die Behörde selbst betroffen und somit Befangenheit zu vermuten sei.

Folgte man Bröhmers Darstellung, müssten die vom Justizministerium und von der Staatskanzlei eingesetzten externen Prüfungs-Kommissionen „unter Halluzinationen“ gelitten haben. Bröhmers Argumentation sei auch ein Affront gegen Ministerpräsident Platzeck. Dieser hatte im Landtag Ende Januar 2004 das Anspruchsverhalten hoher Justizbeamter gerügt und festgestellt, dass es zu Zahlungen gekommen sei, „die nie hätten geleistet werden dürfen, und stellenweise in Höhen, die atemberaubend sind“.

Zuvor waren im Justizministerium 33 von 70 untersuchten Fällen durch eine externe Experten-Kommission beanstandet worden. Platzeck hatte die gesamten Entschädigungs-Zahlungen der Landesregierung auch durch den Trennungsgeld-Experten Wolfhart Schulz überprüfen lassen. Dieser kam in seinem Abschlussbericht ebenfalls zu dem Schluss, dass es erhebliche Überzahlungen gegeben habe. Eine Hauptursache neben falschen Berechnungen: Trennungsgeld darf nur gezahlt werden, wenn der Antragsteller tatsächlich „uneingeschränkt umzugswillig“ ist. Nach Erkenntnissen beider Kommissionen fehlte diese Bereitschaft in vielen Fällen bei Antragstellern und deren Familien. Noch heute haben hohe Justizbeamte Brandenburgs, die in den 90er Jahren Trennungsgeld bezogen, ihren Hauptwohnsitz in Westdeutschland.

Kluge vermutet, dass der Druck aus der Justiz auf die bisherige Justizministerin Barbara Richstein (CDU) – der auch ein Grund ihrer Ablösung war – nur das Ziel hatte, dass die Trennungsgeld-Verfahren eingestellt werden. Richstein habe keine Fehler gemacht. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) versicherte gestern: „Die beanstandeten Trennungsgeld-Fälle müssen selbstverständlich abgearbeitet werden, im Interesse der Justiz, aber auch des Landes.“ Die neue Justizministerin Beate Blechinger (CDU) sagte: „Ich werde das tun, wozu ich verpflichtet bin.“

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