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Brandenburg: Noch ist Liebenberg nicht verkauft

LIEBENBERG .Kein anderes ostdeutsches Dorf hat in den letzten Jahren so viele Schlagzeilen geliefert wie das nördlich Berlins gelegene Liebenberg.

LIEBENBERG .Kein anderes ostdeutsches Dorf hat in den letzten Jahren so viele Schlagzeilen geliefert wie das nördlich Berlins gelegene Liebenberg.Nicht nur Zeitungen aus allen deutschen Ecken fanden hier ihre Storys, sondern auch die "New York Times" und andere große Blätter.Schließlich war ganz Liebenberg zu verkaufen: Gut, Kirche, Seeschloß, Park, Post, Wald, Straßen und nicht zuletzt die Häuser für die 350 Einwohner.

Alles befand sich in Eigentum der Bundesrepublik Deutschland.Sie hatte es über ihre Treuhandanstalt von der SED übernommen.Die wiederum kam 1947 in den Besitz des Dorfes, nachdem die sowjetischen Behörden das ortsansässige Geschlecht derer von Eulenburg enteignet und davongejagt hatten.Heute ist Liebenberg zwar weitgehend aus den Schlagzeilen, doch von Ruhe kann im Ort keine Rede sein.

"Die zieht vielleicht erst ein, wenn die Leute wissen, was wirklich in dem Kaufvertrag steht", sagt der zuständige Amtsdirektor Bernd-Christian Schneck."Euphorie oder gar überschwengliche Freude löste die Nachricht aus Berlin jedenfalls nicht aus." Dort hat jetzt die Treuhand-Nachfolgerin BvS (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) mit dem Berliner Unternehmer Frank Fischer als Kopf einer Bietergemeinschaft einen notariellen Kaufvertrag über Liebenberg abgeschlossen.Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart, sagt BvS-Sprecherin Eva Herzfeldt.

Der Notarvertrag besiegele noch längst nicht das Kapitel Liebenberg.In den nächsten Wochen müßten noch der BvS-Vorstand und die unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR der Vereinbarung zustimmen.Denn da es sich um früheren SED-Besitz handele, komme der Kaufpreis den neuen Ländern zugute.

In dem 60 Kilometer von Berlin entfernten Ort an der Bundesstraße 167 mutmaßen die Leute nur über die mögliche Zukunft ihres Dorfes.Die einen erzählen von einer Wiederbelebung der Landwirtschaft und der Renovierung der Bauten.Andere glauben an ein attraktives ländliches Ausflugsziel für Großstädter.Fest stehe nur, daß hier kein Golfplatz, Einkaufszentrum oder ein riesiges Gewerbegebiet gebaut werden.

Die einst recht reißerisch aufgemachten Schlagzeilen vom Verkauf eines ganzen Dorfes können auf keinen Fall mehr verwendet werden.Denn nach der großen Aufregung im November 1996, als die Treuhand ohne Wissen der 350 Einwohner weltweit für Interessenten suchte, hat eine Kommission des Landrates das Verkaufspaket etwas verkleinert.Mehrere Liebenberger kauften ihre Mietshäuser; Straßen und Abwasserkanäle gehören inzwischen der Kommune.

Vor allem die Sorge um die Wohnungen hatte vor zwei Jahren einen Proteststurm ausgelöst.Man fürchtete starke Mieterhöhungen oder sogar den Abriß der weitgehend reparaturbedürftigen Häuser.Diese Gefahr ist vom Tisch."Wir wollen die Wohnungen nicht in private Hand geben", sagt Amtsdirektor Schneck.Ohnehin würden alle Projekte nur im Einklang mit den Liebenbergern in Angriff genommen.Zeit tut not.Denn in dem sonderbaren Dorf scheint äußerlich auch acht Jahre nach der Wende noch immer die Zeit stehengeblieben zu sein.Auf solche Schlagzeilen jedoch können die Liebenberger getrost verzichten.

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