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Brandenburg: Plötzliche Wende im Fahrland-Skandal

Projektleiter der Entwicklungsgesellschaft verläßt U-Haft VON WERNER VAN BEBBER Potsdam.Die obskuren Grundstücksgeschäfte im Örtchen Fahrland nahe Berlin werden vom Brandenburger Oberlandesgericht (OLG) offenbar völlig anders eingeschätzt als von der Potsdamer Staatsanwaltschaft.

Projektleiter der Entwicklungsgesellschaft verläßt U-Haft VON WERNER VAN BEBBER

Potsdam.Die obskuren Grundstücksgeschäfte im Örtchen Fahrland nahe Berlin werden vom Brandenburger Oberlandesgericht (OLG) offenbar völlig anders eingeschätzt als von der Potsdamer Staatsanwaltschaft.Das OLG entließ am Mittwoch den früheren Projektleiter der Fahrlander Entwicklungsgesellschaft, Michael L.aus der Untersuchungshaft.Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt jedoch weiterhin gegen L., der bislang als Hauptverdächtiger in der Fahrlander Grundstücksaffäre galt. OLG-Sprecher Michael Groß erklärte am Donnerstag, die Fortdauer der Untersuchungshaft sei "nur gerechtfertigt, wenn nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung besteht".Daran aber haben die Richter Zweifel.Dabei deutete 1996 vieles darauf hin, daß sich in der Kleingemeinde Fahrland westlich von Berlin in den Jahren nach dem Mauerfall ein mittelschwerer Grundstückskandal ereignet hat.Bürgermeister Claus Wartenberg wurde unter Betrugsverdacht festgenommen, doch bald wieder freigelassen.Der Projektleiter der "Entwicklungsgesellschaft Fahrland" (EGF), Michael L., sollte eine Konkursverschleppung begangen haben, und auch der Landrat von Potsdam-Mittelmark, Lothar Koch, wurde zum Ziel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.Alle drei waren, so mutmaßen die Potsdamer Staatsanwälte noch heute, in der einen oder anderen Weise an Grundstücksgeschäften beteiligt, die die EGF und auch die Gemeinde Fahrland an den Rand des Ruins brachten. Der Anfang der Fahrlander Wirrungen liegt im Jahr 1991.Von "Aufbruchsstimmung" sprechen Wohlmeinende, um zu erklären, warum die EGF mehr Grundstücke kaufte, als sie für die beiden großen neuen Siedlungsprojekte "Am Königsweg" und "Eisbergstücke" brauchte.Spötter reden hingegen vom "Größenwahn" der Projektmanager, die für einen Quadratmeter Ödland 40 Mark bezahlen wollten.Die EGF mit ihrem Projektleiter Michael L.geriet jedenfalls 1995 in finanzielle Schwierigkeiten.Von Millionenschulden der EGF bei den Grundstücksverkäufern war die Rede; die Gemeinde mußte Millionenkredite aufnehmen.Derart bodenlos schien das Finanzloch, daß der im vergangenen Jahr von der Landesregierung beschlossene kommunale Hilfsfonds in Regierungskreisen als "Lex Fahrland" bezeichnet wurde. Doch Fahrland habe Gelder aus dem Fonds gar nicht nötig, wie Bürgermeister Wartenberg versichert.Man bediente sich professioneller Hilfe und betraute die Berliner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen mit der Abwicklung der Grundstücksgeschäfte.Seither gibt nicht der Fahrländer Amtsdirektor Hark Moritzen oder der EGF-Gründer Wartenberg Auskunft über die Finanzlage der Kommune und ihrer Entwicklungsgesellschaft, sondern die Berliner Agentur COM, die mit Arthur Andersen zusammenarbeitet.Dort ist zu hören, daß ein Drittel der 50 Grundstücksverträge bezahlt sei.Mit den übrigen Eigentümern verhandele man über Rückabwicklung der Verträge.Jeder neue Verzicht, sagt der mit den Verhandlungen beauftragte Anwalt, verringere die Schulden der Gemeinde.Zur Bilanz der EGF sagt er: "Daß es keine Millionengewinn wird, ist bekannt".Ende 1998 soll neben dem teilweise vermieteten Siedlungsgebiet am Königsweg auch das Projekt Eisbergstücke vollendet sein.Dann erst, sagt Bürgermeister Wartenberg, könne man sagen, wie groß der Schaden ist.

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