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Brandenburg: Rechte Gewalttäter werden oft rückfällig Bewährungsstrafen machen offenbar wenig Eindruck Studie empfiehlt bessere Kontrolle der Auflagen

Potsdam - Rechtsextreme Gewalttäter in Brandenburg werden häufig rückfällig. Die Justiz sollte deshalb Bewährungsauflagen individueller verhängen, strenger kontrollieren und die Bewährung auch bei kleineren Verstößen sofort widerrufen, so dass die Täter ins Gefängnis kommen.

Potsdam - Rechtsextreme Gewalttäter in Brandenburg werden häufig rückfällig. Die Justiz sollte deshalb Bewährungsauflagen individueller verhängen, strenger kontrollieren und die Bewährung auch bei kleineren Verstößen sofort widerrufen, so dass die Täter ins Gefängnis kommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Potsdamer Jugendforschers Dietmar Sturzbecher, die gestern vorgestellt wurde. „Wir wollen die Rückfallquote senken“, sagte Justizministerin Beate Blechinger (CDU). So sollten sich Bewährungshelfer vor allem in den ersten drei Monaten nach der Verurteilung intensiver um die Täter kümmern. Blechinger sieht sich durch die Studie auch in ihrer Forderung bestätigt, bei sogenannten „Hassdelikten“ Haftstrafen über sechs Monate nicht mehr zur Bewährung auszusetzen.

Bislang, auch das ist ein Ergebnis der Studie des von Sturzbecher geführten Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam, laufen Bewährungsurteile bei rechtsextremen Gewalttätern häufig ins Leere. Sturzbecher hatte aus der bei der Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg seit 1998 geführten Dokumentation über alle verurteilten rechtsextremistischen Gewalttäter die Fälle von 79 jungen Straftätern näher untersucht, die zwischen 1998 und 2004 zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden waren. In 77 Prozent der Fälle wurden die Delikte aus der Gruppe heraus begangen, bei 86 Prozent war Alkohol im Spiel.

Von den 79 Verurteilten waren später 54, also etwa zwei Drittel, rückfällig geworden. „Viele haben die Bewährungsstrafe als Freispruch zweiter Klasse aufgefasst“, sagte Sturzbecher. Viele hätten sich nicht von ihren Taten distanziert und seien in ihre frühere Clique zurückgekehrt. Es gebe Indizien dafür, dass sie während der Bewährung hätten intensiver kontrolliert und betreut werden müssen.

Blechinger betonte, dass die Jugendrichter in ihren Entscheidungen natürlich frei seien. Die Studie könne sie aber anregen, das Instrumentarium strenger anzuwenden. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg nannte die wissenschaftliche Analyse, die er seit langem gefordert habe, überfällig. Die bisherige Praxis beschrieb Rautenberg so: Die Bewährungsstrafen würden von Gerichten häufig erst dann widerrufen, wenn rechtsextreme Gewalttäter neue Straftaten begehen. „Künftig sollte das schon geschehen, wenn diese etwa die Bewährungsauflage, die rechte Szene künftig zu meiden, nicht einhalten“, forderte Rautenberg als Konsequenz aus der Studie. Diese kommt auch bei jenen 25 Gewalttätern, die nicht rückfällig wurden, zu bemerkenswerten Ergebnissen. Im Vergleich zu den Wiederholungstätern kämen sie aus stabileren familiären Verhältnissen und seien besser gebildet. Bei ihnen löste die Strafe offenbar den erwünschten Lerneffekt aus.

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