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Brandenburg: Rechtsextremismus: Fremdenhass infolge der DDR-Geschichte?

Ausländerfeindlichkeit im Osten Deutschlands ist nach Expertenmeinung keine neue Entwicklung seit der Wiedervereinigung. "Die Einreise und permanente Anwesenheit von Fremden in der DDR wurde von der Bevölkerung nicht als selbstverständlich wahrgenommen, sondern als eine an staatliche Zustimmung gebundene Ausnahme gesehen", meinen Forscher des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam.

Ausländerfeindlichkeit im Osten Deutschlands ist nach Expertenmeinung keine neue Entwicklung seit der Wiedervereinigung. "Die Einreise und permanente Anwesenheit von Fremden in der DDR wurde von der Bevölkerung nicht als selbstverständlich wahrgenommen, sondern als eine an staatliche Zustimmung gebundene Ausnahme gesehen", meinen Forscher des Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) in Potsdam. In einem Thesenpapier über "Historische Ursachen der Fremdenfeindlichkeit in den Neuen Bundesländern" bezweifeln die Historiker und Sozialwissenschaftler, ob die rassistische und nationalistische Propaganda der Nationalsozialisten durch die "gebetsmühlenartige Wiederholung des antifaschistischen Gründungsmythos der DDR tatsächlich aus dem Wertekanon der Bevölkerung getilgt" werden konnte. Schon früh habe sich dagegen in der DDR eine Kluft zwischen den Alltagserfahrungen und Mentalitäten der Menschen und der SED-Propaganda ergeben. Die Mehrheit der Menschen im Osten habe die DDR zunächst als ein Land unter sowjetischer "Fremdherrschaft" und die SED als "Russenpartei" gesehen.

Neben soziologischen müssten aber auch historische Aspekte aus der DDR-Zeit berücksichtigt werden. So habe eine "echte Aufarbeitung des Nationalssozialismus in der DDR nicht stattgefunden", erklärte Hans-Hermann Hertle, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums für zeithistorische Forschung (ZZF). Die DDR sei eine "verhältnissmäßig geschlossene Gesellschaft" gewesen, in der die Anwesenheit von Fremden von der Bevölkerung nicht als selbstverständlich wahrgenommen wurde. So lebten Vertragsarbeiter aus Vietnam oder Mocambique abgekapselt in Heimen.

Für die Frage der Ausländerfeindlichkeit in den neuen Bundesländern ist dieser Aspekt den Wissenschaftlern besonders wichtig, weil der Aufenthalt von "Fremden" in der DDR immer mit staatlichen Zielvorgaben verbunden war, die bei der Bevölkerung oftmals keine Zustimmung fanden. Ausländer wurden von den Bürgern als "Repräsentanten kommunistischer Herrschaft" wahrgenommen, über deren Anwesenheit in der Öffentlichkeit nicht diskutiert werden durfte. Vor allem in den ausländischen Vertragsarbeitern sahen viele Konkurrenten um die "wenigen Konsumgüter der staatssozialistischen Mangelwirtschaft".

Obwohl es in der DDR nur vergleichsweise wenige Ausländer gab, war ihr Verhältnis zur DDR-Bevölkerung immer gespannt. Da die Konflikte aber tabuisiert und durch die staatliche Propaganda unterdrückt wurden, konnte sich in der DDR keine "Kultur des Umgangs mit Fremden und Ausländern entwickeln", stellen die Wissenschaftler fest. Die Forscher seines Instituts haben feststellen müssen, dass soziologische Analysen etwa über die Rolle der Arbeitslosigkeit als Ursache für rechtsextremes Verhalten als alleinige Erklärung nicht genügten. Es bliebe immer "ein Rest übrig", so Hertle. So ginge aus den Daten des Verfassungsschutzes hervor, dass der Anteil von Arbeitslosen unter rechtsextremen Straftätern nicht höher, sondern "meistens sogar niedriger" sind als im Bevölkerungsdurchschnitt. Den vorgestellten Thesen lägen das "historische Gedächtnis" der Potsdamer Forscher, aber auch aktuelle Studien über das Leben von ausländischen Vertragsarbeitern in DDR-Kombinaten zu Grunde.

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