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Brandenburg: Schönbohm befürchtet Schulungsstätte für Neonazis

Kleinow/Potsdam - Der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger will in der Prignitz ein großes, bebautes Grundstück erwerben. Nach Informationen des Tagesspiegels plant der Eigentümer eines Anwesens in dem Dorf Kleinow, die Immobilie zu verkaufen – und nennt als Interessenten den millionenschweren Anwalt Rieger, der seit November im Bundesvorstand der NPD sitzt.

Von Frank Jansen

Kleinow/Potsdam - Der Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger will in der Prignitz ein großes, bebautes Grundstück erwerben. Nach Informationen des Tagesspiegels plant der Eigentümer eines Anwesens in dem Dorf Kleinow, die Immobilie zu verkaufen – und nennt als Interessenten den millionenschweren Anwalt Rieger, der seit November im Bundesvorstand der NPD sitzt. Rieger hat mit seinen Immobiliengeschäften schon mehrfach große Aufregung verursacht, zuletzt mit dem versuchten Kauf eines Hotels in Delmenhorst bei Bremen. Bei dem Anwesen in Kleinow, das zur Gemeinde Plattenburg gehört, handelt es sich um ein mehr als 14 000 Quadratmeter großes Areal mit mehreren Gebäuden. Dort können bis zu 70 Personen zusammenkommen und übernachten. Außer Rieger gebe es keinen Kaufinteressenten, sagte der Besitzer, Norbert R., gestern dem Tagesspiegel.

Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ist alarmiert: „Wir wissen nicht, ob der Kauf zustande kommt, doch die Absicht Riegers ist uns bekannt“, sagte er dem Tagesspiegel. „Wir können den Kauf nicht verhindern, aber wir werden alle rechtlichen und politischen Möglichkeiten prüfen, um zu verhindern, dass Neonazis in Plattenburg ausgebildet werden“, betonte Schönbohm. Die Sicherheitsbehörden und die Bürgermeisterin von Plattenburg, Gudrun Hoffmann (parteilos), befürchten den Aufbau eines rechtsextremistischen Schulungszentrums. „Ich habe schlaflose Nächte“, sagte Hoffmann. Die 4000 Einwohner zählende Gemeinde fürchte, als braune Hochburg stigmatisiert zu werden. Hoffmann, die erst vor kurzem von dem möglichen Verkauf an Rieger erfuhr, versuchte am Dienstagabend, den Besitzer des Geländes umzustimmen. Norbert R. stehe „finanziell das Wasser bis zum Hals“, berichtete die Bürgermeisterin. Er habe ihr gesagt, Rieger biete mehr als andere Interessenten. Norbert R. habe allerdings keine Summe nennen wollen. Dem rechtsextremen Anwalt liegen nach eigenen Angaben etwa 200 Immobilienangebote aus dem Bundesgebiet vor. „Ich will nicht ausschließen, dass auch die Prignitz dabei ist“, sagte er dem Tagesspiegel. Rieger bestritt aber, schon den Kauf signalisiert und einen Betrag genannt zu haben.

Die NPD, die bereits länger nach einer größeren Immobilie in Brandenburg sucht, sichtet angeblich 21 Angebote. „Da war auch etwas aus der Prignitz dabei“, sagte Parteisprecher Klaus Beier. Er wisse aber nicht, ob Rieger eingeschaltet sei. Sollte der Anwalt die Immobilie privat erwerben, sei dennoch zu erwarten, dass die NPD sie mitnutzen könne, sagte Beier.

Die Gemeinde Plattenburg hat offenbar kaum Chancen, einen Verkauf des Anwesens in Kleinow an Rieger zu verhindern. Die Gemeinde habe zwar ein Vorkaufsrecht, aber keinen finanziellen Spielraum, sagte Bürgermeisterin Hoffmann. „Ich fühle mich so hilflos“, klagte Hoffmann. Plattenburg habe schon unter 25 Prozent Arbeitslosigkeit zu leiden, „und jetzt droht noch ein NPD-Stützpunkt“.

Nach Informationen des Tagesspiegels haben bundesweit bereits zwölf Rechtsextremisten Immobilien erworben, die sie dann der NPD für Veranstaltungen zur Verfügung stellten. Außerdem seien 17 Kaufabsichten von Rechtsextremisten bekannt, die mit der NPD kooperieren, heißt es in Sicherheitskreisen. Rieger ist dafür bekannt, verbissen um eine Immobilie zu kämpfen. In Delmenhorst wollte der Anwalt über seine „Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation“ ein Hotel kaufen, um ein Schulungszentrum einrichten. Rieger bot 3,4 Millionen Euro, obwohl der Verkehrswert des Hauses viel niedriger ist. Im Dezember erwarben die Stadt Delmenhorst und eine Bürgerinitiative das Hotel für drei Millionen Euro, um den Verkauf an den Rechtsextremisten zu verhindern. Er wolle aber weiter um das Hotel kämpfen, sagte Rieger dem Tagesspiegel.

Der Anwalt, der seit Jahrzehnten als Führungsfigur der rechten Szene auftritt und mehrfach mit der Justiz in Konflikt geriet, ist vor allem als Organisator der Aufmärsche zum „Gedenken“ an Rudolf Heß im fränkischen Wunsiedel bekannt geworden. Derzeit vertritt er vor dem Landgericht Mannheim den Holocaust-Leugner Ernst Zündel.

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