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Von Blythen

© Kitty Kleist-Heinrich

Schöneiche: Die blühenden Landschaften der Unternehmerin

Eine Dortmunderin gründete in Schöneiche ihre eigene Manufaktur. Für „Von Blythen“ kreiert sie Rosentinte, Veilchenessig und Lavendelkrustenbrot.

Die einstige Funktion der alten Villa ist an der Längsfront zu lesen: „Postamt“ verkünden nostalgische Lettern. Von 1927 bis 2000 wurden hier die Briefe und Pakete der Schöneichener gestempelt und frankiert. Die jetzige Bestimmung findet, wer zum von Kandelabern geschmückten Hauseingang kommt: „Manufaktur von Blythen“. Das bedeutet nach Rosen duftende Tinte, Holunderblüten-Likör, Veilchenessig, Lavendelblütenzucker, Lotusblütentee, ein Liebestrank-Set oder fruchtige Aufstriche der unglaublichsten Mixturen. Eine sinnliche Verwöhnpalette, die seit 2004 dort gebraut wird – von einer Dortmunderin, die in Schöneiche ihre Wahlheimat fand.

Die mittelalterliche Schreibweise für Blüten führte anfangs zu Verwirrung. „Viele dachten, ich sei adelig“, sagt Martina Kabitzsch lachend. 2003 kaufte die gelernte Kinderkrankenschwester die „Alte Post“, ein romantisch anmutendes Gebäude, wo sie für sich und ihre zwei halbwüchsigen Töchter ein neues Zuhause fand – und mit dem ehemaligen Schalter- und Tresorraum auch die optimalen Ausstellungsräume für die schier unerschöpflichen Blütenkreationen ihrer Manufaktur.

Eigentlich ist ihre Großmutter an ihrer Unternehmerinnenkarriere schuld. Deren altes Rezeptbuch nahm Martina Kabitzsch 1992 mit, als sie mit ihrer Familie und den damals noch kleinen Kindern zunächst nach Berlin und zwei Jahre später nach Rahnsdorf zog. Nur Hausfrau sein war ihr zu langweilig. Sie begann, Großmutters Rezepte aus Blüten und Beeren anzusetzen. „Ratafia“, so lautet die alte Bezeichnung dafür. Im Freundes- und Bekanntenkreis und später auch auf regionalen Märkten wurden die hausgemachten Liköre schnell zum Verkaufsschlager. Und da die kreative Blonde – ganz wie die Großmutter – viel Lust am Experimentieren hat, wuchs sich das Hobby schnell zum Unternehmen aus. 1997 gründete Martina Kabitzsch die „Liqueur-Manufaktur“.

„Von Blythen“ entstand erst nach einer Reise von Martina Kabitzsch zu den blühenden Lavendelfeldern der Provence – ein unauslöschliches Erlebnis. Seither tüftelt sie an Kreationen aus Blumen und erfindet ständig Neues.

Blütenkochkurse zum Beispiel. Um Ausgefallenes wie Rosenhähnchen, Schweinefilet mit Taglilien oder Lavendelkrustenbrot herstellen zu lernen, reisen Teilnehmer bis aus der Schweiz, aus Erfurt oder Stuttgart im brandenburgischen Schöneiche an. Mehr noch: Was in der Alten Post als duftende Experimentier- und Kochunterlage auf den Tisch kommt, pflanzt die 42-jährige „Blythen“-Unternehmerin seit dem Vorjahr in einem Schaugarten auf ihrem 2600 Quadratmeter großen Grundstück auch selbst an. Phlox, Ringelblumen, Rosen und Astern zeigen derzeit ihre letzte verblühende Pracht.

Von den Besuchern der Manufaktur, deren private und geschäftliche Kundschaft heute über Deutschland hinaus bis nach Österreich, die Schweiz und Texas reicht, profitiert längst auch Schöneiche – nicht zuletzt mit zwei Manufakturangestellten und mehreren Aushilfen aus dem Ort.

Für ihre im wahrsten Sinne des Wortes blühenden Initiativen bekam die Westfälin in Brandenburg mittlerweile auch offizielles Lob: Im ehemaligen Schalterraum der Alten Post, in dem heute die edel verpackten, mannigfaltigen Blythen-Produkte zum Essen, Trinken, Relaxen und Pflegen ausgestellt sind, hängt der „Zukunftspreis Ostbrandenburg“. Eine Auszeichnung, die würdigt, dass Martina Kabitzsch es geschafft hat, „in schwierigen Zeiten die Ärmel hochzukrempeln und in die Zukunft zu investieren“.

Das tut sie auch weiterhin. In der nahen Zukunft möchte sie ihr Buch über essbare Blüten fertigstellen, in der ferneren ihre Manufakturerzeugnisse in den Hackeschen Höfen in Berlin verkaufen. Im Augenblick aber muss sie die Ärmel nicht für ihre Blüten, sondern für die älteste Eiche des Ortes hochkrempeln. In ihrem Garten vor der Alten Post wirft der imposante Baum gerade zentnerweise seine Blätter ab. Manufaktur von Blythen, Martina Kabitzsch, Brandenburgische Straße 65, 15566 Schöneiche bei Berlin; www.von-blythen.de. Geöffnet: freitags von 12–19 Uhr.

Die nächsten eintägigen Blütenkochkurse: 25. Oktober, 22. November.

Heidemarie Mazuhn

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