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Brandenburg: Shoppen an Adventssonntagen

Senat gibt Ladenschluss frei, Parlament muss entscheiden, Kirchen protestieren

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Berlin wird ein Paradies für Kauflustige: Bald dürfen Geschäfte rund um die Uhr von Montag bis Sonnabend öffnen. Am Sonntag bleiben sie geschlossen – mit vier Ausnahmen im Jahr. Zusätzlich können Einzelhändler an zwei Sonntagen ihrer Wahl öffnen. Neu ist in dem Ladenöffnungsgesetz, das der Senat am Dienstag beschlossen hat, dass zusätzlich die Geschäfte an den Adventssonntagen von 13 bis 20 Uhr öffnen dürfen.

Diese Öffnungszeiten könnten vielleicht doch noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft in Kraft treten und nicht erst ab Januar 2007. SPD, CDU, FDP sprachen sich bereits für ein beschleunigtes Verfahren aus. Ursprünglich sollten wie berichtet die Öffnungszeiten nicht mehr vor Jahresende verlängert werden.

Über die Regelung für die Adventssonntage gab es heftigen Streit im Senat. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei/PDS) hat mit Verweis auf den im Grundgesetz verankerten besonderen Schutz der Sonn- und Feiertage dem Vernehmen nach die Gesetzesvorlage abgelehnt – ihre PDS-Amtskollegen Harald Wolf und Thomas Flierl stimmten dagegen dafür. Knake-Werner lehnte eine Stellungnahme ab. Auch Senatssprecher Michael Donnermeyer gab keine Auskunft über das Stimmverhalten.

Jetzt hängt alles vom weiteren Prozedere ab: Am Donnerstag gibt der Rat der Bürgermeister eine Stellungnahme ab. Sowohl Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) als auch seine Reinickendorfer Amtskollegin Marlies Wanjura (CDU) wollen ohne weitere Debatte in den Ausschüssen zustimmen. Sollte eine Mehrheit der Bürgermeister das Gesetz ohne Beratung befürworten, könnte der Senat es per Dringlichkeit in die konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhauses am 26. Oktober einbringen. Sollte sich dann eine Mehrheit ohne Beratung dafür aussprechen, könnte das Gesetz am 9. oder am 23. November im Plenum verabschiedet werden. „Im Allgemeinen sollen Gesetzesvorhaben beraten werden. Aber man kann Ausnahmen machen“, sagte Ulrike Schmidt, stellvertretende Justiziarin im Abgeordnetenhaus.

Grüne-Wirtschaftspolitikerin Lisa Paus hat bereits Beratungsbedarf angekündigt. Die PDS hält sich eine Entscheidung darüber noch offen. SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller hofft „auf ein positives Votum der Bürgermeister und der PDS“. Er wolle ein beschleunigtes Verfahren. FDP-Fraktionschef Martin Lindner befürwortet das Gesetz. Der praktizierende Katholik hat auch kein Problem mit der Regelung für die Adventssonntage: „Bis 13 Uhr kann jeder in die Kirche gehen. Und wenn man danach noch Geschenke kauft, kann ich das aus christlicher Sicht nur befürworten.“

Das Erzbistum Berlin reagierte dagegen „befremdet“. Die Entwicklung „hat uns völlig überrascht“, sagte Monsignore Tobias Przytarski vom Katholischen Büro. Er hatte die Kirche bei einer Anhörung im August vertreten. „Die Adventssonntage wurden ausdrücklich ausgenommen“, sagte er. Die Einwände dagegen hätten „nicht nur religiöse Gründe“. Es gehe auch um die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ und den „Tag der Ruhe und der sozialen Kontakte“. Heike Krohn, Sprecherin der evangelischen Landeskirche, sagte, die Adventszeit diene „der Vorbereitung auf das Kommen Christi“. Sie nur „unter Gesichtspunkten des Kommerzes zu sehen, ist sehr problematisch“. Günther Waschkuhn, stellvertretender Verdi-Landesbezirksleiter, zeigte sich „entsetzt über die handstreichartige Senatsentscheidung“.

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