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Brandenburg: Spurensuche in Carinhall

CARINHALL .Der Buchautor Volker Knopf stampft dreimal kräftig auf den Waldboden mitten in der Schorfheide.

CARINHALL .Der Buchautor Volker Knopf stampft dreimal kräftig auf den Waldboden mitten in der Schorfheide."Hören Sie?" fragt er die Journalisten erwartungsvoll, "hier klingt es hohl.Wir stehen mitten auf dem Privatbunker von Hermann Göring." Die Rundfunkkollegen sind begeistert.Noch einmal tritt Knopf auf das Stück Beton.Die Tonbänder nehmen einen der wenigen authentischen Töne der Reste von Görings einstiger Residenz "Carinhall" auf.Außer einigen Fundamenten, Treppen, Fliesen, Scherben, Betonteilen und den am anderen Ende der Allee befindlichen Torhäusern erinnert hier, 65 Kilometer nördlich von Berlin, nichts mehr an das Anwesen der Nazi-Größe.Dennoch gehört das Areal zu den geheimnisumwitterten Orten Brandenburgs.Mit seinem gemeinsam mit Stefan Martens verfaßten Buch "Görings Reich.Selbstinszenierung in Carinhall" will Volker Knopf jetzt gegen Legenden und Mythen ankämpfen.

"Wenn etwas abgeschottet wird und keine Informationen nach draußen dringen, bilden sich immer Gerüchte", sagt der 50jährige Autor."Das fängt mit der Aufschrift auf diesem Findling an", sagt Knopf."Carinhall wird mit C geschrieben statt mit K wie auf dem von der Verwaltung des Biosphärenreservates 1993 bemalten Stein." Görings erste Frau Carin sei die Namenspatronin des 1934 zunächst als Jagdhütte eröffneten Landsitzes gewesen.Für die 1931 in ihrer schwedischen Heimat gestorbene Carin habe Göring eine große Gruft anlegen lassen.

Knopf und Martens deuten während des Rundgangs anhand von Fotos und Zeichnungen in ihrem im Ch.Links Verlag erschienenen Buch auf die Ausmaße, Zufahrtsstraßen und Wachposten hin.Doch nach der von Göring selbst kurz vor dem Kriegsende angeordneten Sprengung sowie den Einebnungen durch Sowjetarmee und DDR-Polizei ist kaum noch etwas von der Anlage zu sehen.Schatzsucher haben nach der Wende auf der Jagd nach vermeintlichen Schätzen alle noch vorhandenen Hohlräume durchforstet.Angelockt wurden sie nicht zuletzt von den fünf Skulpturen, die Polizeitaucher im Juli 1990 aus dem angrenzenden See bargen.

Das Buch zeichnet sowohl die Geschichte Carinhalls als auch das Leben von Hermann Göring nach.In seiner abgeschiedenen Residenz empfing er Staatsmänner und häufte Kunstschätze, auch geraubte, von unermeßlichem Wert an.

Verlagschef Christoph Links sieht das Buch als Beitrag zur Versachlichung der Geschichten um Carinhall und Göring."Vielleicht können wir damit auch etwas für den richtigen Umgang mit so einem Ort leisten.Denn ein Stein und die Ausweisung als Schutzgebiet für Fledermäuse reichen nicht." Mit der Ruhe an diesem Ort wird es sicherlich vorbei sein.Denn bisher wurden Wegskizzen nach Carinhall nur unter der Hand verteilt.Das Buch lüftet nun auch dieses Geheimnis.

Görings Reich.Selbstinszenierung in Carinhall; Volker Knopf und Stefan Martens, Ch.Links Verlag, Berlin, 200 Seiten, 68 DM.

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