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Brandenburg: Stahnsdorfer wollen Windräder verhindern

Bürger gegen alternative Energieerzeugung in ihrem Ort

Stahnsdorf. Windräder in Brandenburg – da denken viele an die ländliche Uckermark, weit weg von Berlin. Doch schon bald könnten die großen Mühlen bis vor die Stadttore rücken. In Stahnsdorf, gleich südlich von Zehlendorf, ist ein Windpark mit 21 Anlagen geplant, jede rund 140 Meter hoch. Die Bewohner wehren sich, eine Bürgerinitiative hat sich formiert.

Viel Zeit bleibt ihnen aber nicht mehr. In wenigen Wochen kommt die Regionalversammlung zusammen, ein Gremium aus 40 Regionalräten, Kreis- und Lokalpolitikern der Region Havelland-Fläming. Wenn sie den Windplan verabschiedet, lassen sich die weißen Riesen höchstens noch vor Gericht verhindern.

So weit will Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser (CDU) es nicht kommen lassen. Er fragt, wieso der Windpark ausgerechnet vor den Toren der Region Kleinmachnow-Teltow-Stahnsdorf entstehen soll, die mit rund 50 000 Einwohnern für Brandenburger Verhältnisse ein Ballungsraum ist. Tatsächlich wird fast nirgendwo so nah an Berlin geplant wie hier. „Im Verflechtungsraum sind die Proteste größer“, heißt es aus dem Umweltministerium.

Doch auch der ländliche Charakter als Naherholungsgebiet liegt Enser und der Bürgerinitiative am Herzen. Auf den Stahnsdorfer Rieselfeldern soll nach Ensers Auskunft einmal ein Regionalpark entstehen. Die Bürgerinitiative fürchtet, die Windräder würden Schlagschatten bei Abendsonne werfen mit ihren nächtlichen Signallichtern und Geräuschen stören – und seltene Vogelarten verteiben. Zudem seien die Subventionskosten zu hoch.

Dass diese Argumente die Regionalversammlung beeindrucken werden, bezweifelt Gerhard Enser: „Die Delegierten kommen aus der gesamten Region. Die sind froh, wenn es sie nicht vor der eigenen Haustür trifft.“ Allerdings bläst den Planern der Gegenwind immer steifer ins Gesicht. 1400 Windräder stehen heute in Brandenburg. 2000, vielleicht 2500, könnten es nach Schätzungen des Umweltministeriums einmal werden. Doch im ganzen Land haben sich Bürgerinitiativen gebildet. Das Schlagwort von der „Verspargelung der Landschaft“ hat Konjunktur. Selbst Umweltminister Wolfgang Birthler (SPD) ließ sich zu der Aussage hinreißen, er würde die Windräder in Brandenburg „am liebsten wieder umlegen“.

Das hört die Stadtgüter GmbH aus Berlin nicht gern. Die Gesellschaft besitzt im Umland viel Boden, gekauft zur Gründerzeit, um das Abwasser aus der Stadt zu entsorgen – wie auf den Stahnsdorfer Rieselfeldern. Mit den Windradbetreibern hat Peter Hecktor, Geschäftsführer der Stadtgüter, bereits gesprochen. Das Geld, das sie zahlen, sähe er gern in der Kasse des landeseigenen Unternehmens. Dafür würde er auch vor Gericht ziehen.

So richtig glaubt auch Harald Knauer nicht mehr an seinen Windplan. Der gebürtige Schwabe leitet die Regionale Planungsstelle Havelland-Fläming, die die Windräder wie Stecknadeln auf der Landkarte der Region verteilt hat. Für Bürgermeister Enser ist Knauer ein „Neigungstäter“, er selber sagt: „Wenn wir die Ziele von Kyoto erreichen wollen, dann müssen wir was dafür tun.“

Doch vom Postdamer Umweltministerium fühlt Knauer sich im Stich gelassen. Die Vorgaben würden ständig geändert, jetzt sollten aus dem neuen Windplan Gebiete herausgenommen werden, um seltene Vogelarten zu schützen. Knauer sieht schon sein gesamtes Projekt scheitern. Im Speckgürtel, lamentiert er, regiere eben heute der Wessi – „und der will von seinem Häusle aus nicht auf Windräder schauen“.

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