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Brandenburg: Streit um Naturschutz droht Tagebau zu stoppen

Vattenfall fürchtet Stilllegung von Braunkohlegrube Cottbus-Nord Prozess um Lakomaer Teiche landet wohl vor Europäischem Gerichtshof

Potsdam/Cottbus - Manche befürchten jetzt ein zweites „Horno“: Der jahrelange Streit um die Lakomaer Teiche, die der schwedische Vattenfall-Konzern gegen den Widerstand von Naturschützern für den Braunkohletagebau „Cottbus Nord“ abbaggern will, steht offenbar vor einer überraschenden Wende. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) erwägt nach Tagesspiegel-Informationen ernsthaft, den Status der Lakomaer Teiche als Gebiet nach der EU-Naturschutzrichtlinie „Flora-Fauna-Habitat“ vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg klären zu lassen. Nach Tagesspiegel-Recherchen wäre damit der Cottbuser Tagebau bedroht.

Denn die Zeit wird knapp. Bis zum Votum des EU-Gerichtshofes wäre das nationale Verfahren vor dem OVG ausgesetzt, ein bis zwei Jahre Verzögerung bis zur endgültigen Klärung wären wahrscheinlich. Die Folge: Der Tagebau „Cottbus-Nord“, einer der Hauptlieferanten des Kraftwerkes Jänschwalde – das wegen seiner hohen Treibhausgas-Emmissionen umstritten ist – müsste stillgelegt werden, wie es in der Landesregierung hieß. Betroffen wären über 800 Arbeitsplätze, im Tagebau und im Kraftwerk.

Die Bagger stehen schon jetzt nur noch 165 Meter und damit unmittelbar vor der 330 Hektar großen Teichlandschaft, in der nach Angaben von Naturschützern 170 seltene Tier- und Pflanzenarten heimisch sind, darunter die Rotbauchunke.

Die Potsdamer Regierung, die trotz Klimadebatte an der heimischen Braunkohle festhält, aber auch der Vattenfall-Konzern sind wegen der Signale des OVG „alarmiert“, wie es ein Kabinettsmitglied ausdrückt. „Wir nehmen das ernst.“

Auslöser der Besorgnis ist ein Schreiben vom 9. Juni 2007, das das für Oberverwaltungsgericht an die Prozessbeteiligten, also an das Oberbergamt, Vattenfall und den Umweltverband Grüne Liga richtete. Darin weist das OVG ungewohnt deutlich auf seine Überlegungen hin, die Naturschutz-Problematik „vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen“, bestätigt René Schuster von der Grünen Liga. Beide Seiten haben nun bis Freitag kommende Woche Zeit für eine Stellungnahme. Über deren mögliche Inhalte ist noch nichts bekannt. „Das ist noch in Arbeit“, heißt es im Cottbuser Oberbergamt. Mit einem Urteil des OVG wird bis Sommer gerechnet.

Wegen der Brisanz des Verfahrens halten sich alle Beteiligten bedeckt. Doch wollen Oberbergamt, Regierung und Vattenfall dem Vernehmen nach eine Verlagerung des Verfahrens nach Luxemburg unbedingt verhindern. Die Grüne Liga ist überzeugt, „dass der Planfeststellungsbeschluss zur Abbaggerung der Lakomaer Teiche gegen Europarecht verstößt“, so Schuster.

Die Grüne Liga hatte erst im Februar vor dem Cottbuser Verwaltungsgericht einen Teilerfolg zur Rettung der Teiche erstritten. Das Gericht stoppte damals die Pläne, weil noch ein aus der DDR-Zeiten stammender Status als Landschaftsschutzgebiet galt. Allerdings war der Stopp befristet, weil das Cottbuser Gericht auch deutlich machte: Wenn die DDR-Verordnung aufgehoben würde, woran das Umweltministerium derzeit arbeitet, kann man die Teiche abbaggern. Das war der Grund für die Beschwerde der Grünen Liga vor dem OVG, die nun zum Kohle-Politikum wird. Schuster: „Wir sind zuversichtlich.“

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