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Brandenburg: Suppe für den Beamtenbund, Obst für Verdi

Letzte Runde des Tarifstreits im Öffentlichen Dienst: In der Sparkassenakademie am Potsdamer Luftschiffhafen ist alles für eine lange Nacht bereit

Von Andrea Röder

und Thorsten Metzner

Potsdam. „Geschenke kommen von Herzen und von Vater Staat!" Oh Pardon, ein Irrtum. Der Seminarraum, in dem das Plakat mit der hintersinnigen Botschaft hängt, ist für den mit Spannung erwarteten Tarif-Gipfel des öffentlichen Dienstes natürlich nicht vorgesehen.

Sparkassenakademie am Potsdamer Luftschiffhafen, Dienstagnachmittag: Fast menschenleer und verlassen liegt er da, der futuristische Neubau mit den silbergrauen Bogendächern und gläsernen Wänden zum Ufer des Templiner Sees, in dem seit 1996 die Sparkassen-Mitarbeiter Sachsens, Brandenburgs, Mecklenburgs und Sachsen-Anhalts ausgebildet werden. Hier, wo ab heute Mittag die großen Verhandlungsdelegationen von Gewerkschaften und Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes um eine Einigung ringen, wo sich entscheiden wird, ob es Lohnerhöhungen für Deutschlands Müllmänner und Beamte geben wird oder einen Streik, herrscht jetzt noch die Ruhe vor dem Sturm.

„Keine Hektik. Wir sind das gewöhnt. Das ist unser Alltagsgeschäft", sagt Heinz Schulze, der Cheforganisator in der Sparkassenakademie. Schließlich fänden hier regelmäßig Tagungen und Kongresse statt - allein 800 Veranstaltungen waren es im Jahr 2002. Und der Tarif-Poker ist auch kein Vergleich zum deutsch-französischen Gipfel vor vier Jahren, als das Gelände einem Hochsicherheitstrakt glich und 700 Journalisten aus aller Welt hier einflogen. Allerdings sei diesmal alles sehr kurzfristig gekommen, so Schulze. Potsdam war zwar schon seit Dezember im Gespräch. „Die Berlin-Nähe spielte eine wichtige Rolle", sagt Lothar Koch, Belziger Landrat und Chef des kommunalen Arbeitgeberverbandes in Brandenburg. „Aber die endgültige Nachricht kam erst am Montagmorgen", bestätigt Rolf Wörle, der Vize-Akademiechef. Das Timing sei günstig, weil das Haus fast leer ist. Der reguläre Seminarbetrieb beginne erst nächste Woche wieder.

Noch laufen die letzten Vorbereitungen, damit heute alles reibungslos abgeht: Der Teppichboden wird noch einmal „shampooniert", wie Schulze erzählt. Und Hausmeister Fred Pettirsch - Erkennungszeichen blaues Basecap - eilt mit einem weißen Farbeimer durch die Räume, überstreicht einige dunkle Flecken an den Wänden. Die Kaffeetassen stehen bereit, die Räume sind beschriftet: Hier für die „Verdi-Verhandlungskommission", für den Beamtenbund „dbb-Spitze", und keine dreißig Meter Luftlinie entfernt, für die andere Seite: Die „gemeinsame Arbeitgeber-Delegation", „TdL", steht auf einem Schild, die Tarifgemeinschaft der deutschen Länder. „Wir mussten keinen Stacheldraht ziehen", scherzt Wörle.

Trotzdem richten sich in der Ostdeutschen Sparkassenakademie alle auf eine „lange Nacht" ein, so Wörle. Und im direkt angeschlossenen 500-Betten-Hotel - es ist das größte Potsdams - sind vorsorglich 300 Zimmer und 20 Appartements gebucht worden, wie Bärbel Maischak, verrät. Die „Hausdame" des Hotels, zuständig für Organisation, Ablauf, Mängel, inspiziert am Nachmittag noch einmal alles, weist eine Reinigungskolonne ein. Ganz seelenruhig, ohne jede Aufregung. Maischak: „Für uns ist alles Routine." Und ihre persönliche Meinung zum Verhandlungspoker? Sollte der öffentliche Dienst nicht eine Nullrunde einlegen? Maischak sieht es pragmatisch: Beide sollten sich in der Mitte treffen. Auch Hausmeister Pettirsch pflichtet bei: Die Forderungen der Gewerkschaften seien verständlich. „Jeder will doch mehr Geld."

So spartanisch-funktional das Ambiente ist, so wenig luxuriös wird auch die Verpflegung sein: Ganz so, als wollten alle Beteiligten in diesen Zeiten der Einschränkungen und Zumutungen Bescheidenheit demonstrieren. Und entsprechend sieht die Speisekarte aus, mit feinen Unterschieden: Für den Deutschen Beamtenbund wurden „Kartoffelsuppe" und „belegte Brötchen" geordert. Die erhält auch die Arbeitgeberdelegation, allerdings zusätzlich „Blechkuchen und Miniplunder". Verdi legt Wert auf Obst. Auch die VIP’s im Blauen Salon werden sich bescheiden und mit einem Buffet, Kaffee und „Obstkorb" auskommen, wobei der Caterer für den Durchbruch gerüstet ist: „Bier und Wein auf Nachfrage". Das kann allerdings sehr spät werden. Die rund zwanzig Hostessen sind instruiert: „Mitternachtsimbiss ist möglich. Snacks bereithalten."

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