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Brandenburg: Tempo 130 macht die Autobahn sicherer

Erfolgreiche Aktion auf der A 24: In diesem Jahr gab es erheblich weniger Unfälle und Verletzte

Die Polizei ist mit dem anfangs umstrittenen Tempolimit auf der Autobahn A 24 Berlin-Hamburg höchst zufrieden. Wie sie gestern mitteilte, gab es zwischen den Dreiecken Havelland und Wittstock dank der Geschwindigkeitsbegrenzung erheblich weniger Unfälle und Verletzte. Im ersten Halbjahr 2002 wurden auf dem 63 Kilometer langen Abschnitt zwei Personen bei Unglücken getötet, in diesem Jahr gab es bislang keinen Todesfall.

Die Neuruppiner Polizei führt diese positive Tendenz vor allem auf die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit auf 130 Kilometer pro Stunde und auf das Überholverbot für Lkw zwischen 6 und 21 Uhr zwischen dem Dreieck Havelland und Neuruppin zurück. Beide Regelungen gelten seit Dezember 2002.

Ein großes Schild an der Ausfahrt Kremmen erklärt den Autofahrern den Grund für das Tempolimit: „2002 bis AD Wittstock 788 Unfälle, 8 Tote, 212 Verletzte“, lautet die Aufschrift. Sechs Menschen, darunter fünf Kinder, kamen an dieser Stelle vor fast einem Jahr ums Leben. Ein Busfahrer war mit seinem Fahrzeug in einen Stau gerast.

Im ersten Halbjahr 2003 ging die Zahl der Unfälle auf der Strecke mit gedrosseltem Tempo gegenüber dem ersten Halbjahr 2002 um fast ein Drittel von 387 auf 265 zurück. Wurden vor einem Jahr in diesem Zeitraum noch 89 verletzte Personen gezählt, waren es von Januar bis Juni 2003 nur 38.

Bei 27 Prozent aller Unfälle nannte die Polizei im ersten Halbjahr 2002 überhöhte Geschwindigkeit als Ursache. In diesem Jahr taucht diese Bemerkung nur bei 16 Prozent aller Unglücke auf. Wo es langsamer zugeht, wird der Sicherheitsabstand besser eingehalten. Jedenfalls war unzureichende Distanz zum voraus fahrenden Auto 2002 noch bei fast einem Viertel aller Unglücke die Hauptursache, 2003 nur noch bei 14 Prozent.

Die Polizei kündigte gestern weitere Kontrollen zur Einhaltung des Tempos und des Sicherheitsabstandes an. Auch das Überholverbot für Lastwagen, das oft ignoriert wird, will sie überprüfen.

Das Tempo-Limit ist vorerst nur bis Dezember diesen Jahres angeordnet. Mehrere Personen haben dagegen Klage eingereicht, weil sie einen Zusammenhang zwischen Tempo und Unfallzahlen bestreiten. Sie verweisen auf Zeitverluste. Die halten sich allerdings in Grenzen. Autofahrer sind nach Rechnung des Autobahnamtes auf der 63 Kilometer langen Strecke bei Tempo 180gegenüber 130 ganze acht Minuten schneller.

Neuruppin. Die finanzielle Not in den meisten Brandenburger Rathäusern macht erfinderisch. Da schlägt der Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder) eine Fusion mit dem 20 Kilometer entfernten Eisenhüttenstadt vor, um städtische Behörden in beiden finanziell angeschlagenen Orten einzusparen. In Wittstock fleht der Bürgermeister dagegen die Bundeswehr fast auf Knien an, doch endlich mit einer Garnison Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in die Stadt zu bringen. Und kleine Dörfer verzichten auf die Gewerbesteuer, um Firmen anzulocken.

Borkheide bei Beelitz steckt dagegen sein ganzes verbliebenes und von der Bank geliehenes Geld in ein Naturbad, das Touristen anlocken soll. Dafür bleiben die Straßen im Ort wie sie sind: holprig. Städte mit historischen Stadtkernen gehen andere Wege: Sie renovieren schrittweise ihre alte Substanz – und kurbeln damit auch die heimische Wirtschaft an.

„Alles Wehklagen nützt nichts“, sagt der Bürgermeister von Neuruppin, Otto Theel (PDS). „Wir müssen uns selbst retten.“ Beim Rundgang durch die Stadt Schinkels und Fontanes fallen die Fortschritte ins Auge. Eine halbe Milliarde Euro, so rechnet das Stadtoberhaupt, sind seit der Wende in die alten Häuser und Straßen gesteckt worden, ein Großteil der Aufträge wurde an Firmen aus der Stadt vergeben.

Vor allem in einem Punkt unterscheidet sich das Neuruppiner Stadtbild von anderen: Das Zentrum mit Geschäften, Kneipen, Galerien und Parks lebt und zieht Touristen an. Der anderswo verlorene Kampf zwischen Einkaufszentren auf der grünen Wiese und in der Innenstadt ist in Neuruppin zumindest unentschieden ausgegangen.

Nicht ganz so rosig, aber keineswegs hoffnungslos sieht der Bürgermeister von Perleberg, Dietmar Zigan, die Lage. „Von den 450 Häusern der Altstadt haben wir 170 seit 1990 renoviert“, erklärt der Kommunalpolitiker. Eine weitere Kürzung der Städtebauförderung durch das Land und den Bund hätte nach seiner Überzeugung fatale Folgen. „Ein bei der Sanierung eingesetzter Euro aus Steuermitteln zieht vier Euro privates Kapital nach“, sagt Zigan. „Viele Eigentümer oder potenzielle Käufer von heruntergewirtschafteten Häusern brauchen einen Anstoß.“

Die in der Arbeitsgemeinschaft „Städte mit historischen Stadtkernen“ zusammengeschlossenen 28 Orte von Altlandsberg bis Ziesar profitierten bislang von einem großzügigen Förderprogramm. Sie brauchten für Vorhaben für die Stadterneuerung nur 20 Prozent der Kosten aufzubringen. Den Rest teilten sich Bund und Land zu je 40 Prozent. Nun verschieben sich durch die Finanznot die Relationen: Alle drei Partner tragen je ein Drittel der Gesamtsumme. Das wird das Tempo der Erneuerung bremsen.

Von Claus-Dieter Steyer

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