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Brandenburg: Viereinhalb Jahre Haft für fremdenfeindlichen Soldaten Oberfeldwebel für lebensbedrohliche Attacke auf Kenianer verurteilt

Das Opfer überlebte vermutlich nur, weil eine Zeugin mutig eingriff

Von Frank Jansen

Potsdam - Die Strafe ist hart, aber sie wäre beinahe erheblich höher ausgefallen. Das Potsdamer Landgericht hat gestern einen Oberfeldwebel der Bundeswehr wegen eines lebensgefährlichen, fremdenfeindlichen Angriffs auf einen Kenianer zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte neun Jahre wegen versuchten Mords gefordert. Der Angeklagte Torsten Z. (26) hatte, wie berichtet, in der Nacht zum 18. Juli in Brandenburg/Havel dem Kenianer Oscar M. eine abgebrochene Flasche in den Hals gestoßen – und die Schlagader dabei nur um Millimeter verfehlt. Nach Ansicht der Richter ließ sich Torsten Z. jedoch von einer couragierten jungen Frau überreden, kein zweites Mal auf den Kenianer einzustechen. Damit sei Z. im letzten Moment von dem Mordversuch „zurückgetreten“ – weshalb die Tat lediglich als gefährliche Körperverletzung anzusehen sei.

Richter Frank Tiemann sprach der Zeugin Nicole L. großes Lob aus. Sie habe durch ihr Einschreiten dem Afrikaner das Leben gerettet. Dem Angeklagten sagte Tiemann, er müsse der Zeugin „auf Knien danken“, dass sie ihn davon abhielt, den Kenianer weiter anzugreifen. Wäre sie nicht gewesen, so Tiemann, hätte Torsten Z. wahrscheinlich einen Mord begangen und dafür mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe büßen müssen.

Der Mitangeklagte Andreas R. (30) wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, die das Gericht zur Bewährung aussetzte. Der Arbeitslose hatte in der Tatnacht mit fremdenfeindlichen Sprüchen die Stimmung angeheizt und Oscar M. zu Boden geschlagen. R. wandte sich dann einem weiteren Kenianer zu, ließ aber ab und beteiligte sich auch nicht mehr an dem Angriff des Oberfeldwebels auf Oscar M. Als aber der stark blutende Afrikaner mit seinem Handy die Polizei anrief, trat Andreas R. es ihm aus der Hand. Die Kammer hält R. der gefährlichen Körperverletzung, Beleidigung und Nötigung für schuldig.

Beiden Angeklagten bescheinigte der Richter eine „besonders verwerfliche Gesinnung“. Es sei allerdings „eine Besonderheit“, dass diese Gewalttat nicht von rechtsextremen Skinheads verübt wurde, sondern von „normalen Menschen“. Bei Torsten Z. und Andreas R. habe sich offenbar „eine latent vorhandene Fremdenfeindlichkeit Bahn gebrochen“, sagte Tiemann.

Obwohl das Gericht bei Torsten Z. weit unter dem Strafantrag von Staatsanwalt Peter Petersen blieb, sieht dieser kaum Chancen für eine Revision. Ähnlich äußerte sich die Verteidigerin von Z., der auch gestern wie während des gesamten Prozesses reglos im Gerichtssaal saß. Sein Opfer Oscar M. schüttelte nach dem Urteil den Kopf und war nicht imstande, sich zu äußern.

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