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Brandenburg: Von „Miss Piggy“ zum Exportschlager

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung soll im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen attraktiver werden

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist die tragende Rechtsform des Mittelstandes; etwa eine Million GmbHs gibt es derzeit in Deutschland. Doch mit zunehmender Europäisierung ist sie in den letzten Jahren mächtig unter Druck geraten. Denn auch ausländische europäische Gesellschaften können heute – unter Anwendung ihres Heimatrechts – in Deutschland tätig werden. Etwa ein Fünftel der Neugründungen findet inzwischen in der Rechtsform der englischen Limited Company (Ltd) statt. Sie ist schnell und mit minimalem Kapitaleinsatz errichtet. Demgegenüber schneidet die GmbH als „Miss Piggy“ des europäischen Gesellschaftsrechts eher schlecht ab: 24 Tage mit bis zu neun verschiedenen Verwaltungsverfahren dauert die Eintragung durchschnittlich.

Dem will die Politik mit einer umfassenden Reform des GmbH-Rechts entgegensteuern. Vor wenigen Wochen präsentierte das Bundesjustizministerium seinen aktuellen Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ (MoMiG). Erklärtes Ziel: Die GmbH soll im Wettbewerb mit ausländischen Rechtsformen attraktiver werden. Außerdem sollen deutsche Konzerne die Rechtsform künftig auch für ihre Tochtergesellschaften im Ausland verwenden dürfen.

Das Gesetz trägt unter anderem dem Umstand Rechnung, dass die meisten Neugründungen heute im Dienstleistungssektor stattfinden und daher weniger Startkapital benötigen als Produktionsunternehmen. Der Entwurf sieht vor, das erforderliche Mindestkapital einer GmbH von 25 000 Euro auf 10 000 Euro zu senken. Davon muss – wie bisher – nur die Hälfte tatsächlich aufgebracht werden. Die restlichen 5000 Euro können als Sacheinlagen in Form von Geschäftsausstattung wie etwa Autos oder Maschinen erbracht werden.

Die veralteten Vorschriften über die Mindeststückelung von Geschäftsanteilen sollen entfallen. Bislang muss eine Stammeinlage mindestens 100 Euro betragen und darf nur in Einheiten von mindestens 50 Euro aufgeteilt werden. Künftig sollen Anteile von nur einem Euro ausreichen, so dass sie besser geteilt und übertragen werden können.

Erleichterungen soll es auch bei der Eintragung einer GmbH ins Handelsregister geben. Viele Betriebe wie Bauträger oder Handwerker bedürfen einer staatlichen Genehmigung – die meist lange auf sich warten lässt. Liegt sie nicht vor, gibt es nach bisherigem Recht keine Registereintragung. Das langsamste Verfahren bestimmt also das Tempo der gesamten Gründungsprozedur. In Zukunft soll es ausreichen, dass bei den Behörden ein entsprechender Antrag gestellt wurde; die Genehmigung selbst kann nachgereicht werden.

Weitere Zeitersparnis: Sämtliche deutschen Handelsregister werden derzeit auf elektronischen Betrieb umgestellt. Ab 2007 können GmbH-Gründungen grundsätzlich nur noch elektronisch eingereicht werden. Ob damit Werte wie etwa in Dänemark erreicht werden, wo eine Eintragung in der europäischen Rekordzeit von nur fünf Tagen möglich ist, bleibt allerdings abzuwarten. Nicht zuletzt, weil es im föderalen Deutschland auch in Zukunft kein zentrales Unternehmensregister geben wird, wie das zum Beispiel in Schweden der Fall ist. Beim schwedischen Registeramt können Auszüge online in englischer Sprache abgerufen werden, was die Informationsbeschaffung vor allem für ausländische Investoren enorm erleichtert.

Die erschlankte deutsche GmbH soll dagegen zum Exportschlager werden: Im Wettbewerb der Gesellschaftsformen wird sie bei Umsetzung des Entwurfes künftig auch im europäischen Ausland Verwendung finden. Wie etwa die Limited Company soll auch die GmbH ihren Verwaltungssitz ins Ausland verlegen dürfen, so dass deutsche Unternehmen ihre Auslandstöchter in der ihnen vertrauten Rechtsform organisieren können.

Für die Praxis von besonderer Bedeutung sind die geplanten Regelungen zur Gesellschafterliste. Die Frage, wer eigentlich Gesellschafter einer GmbH ist, soll sich mit ihrer Hilfe sehr viel leichter beantworten lassen. Das Prinzip: Nur derjenige gilt als Gesellschafter, der in die Liste eingetragen ist. Die Regelung ist an das Vorbild des Registers bei der Aktiengesellschaft (AG) angelehnt. Nach einer bestimmten Zeit soll selbst eine unzutreffende Liste als richtig gelten. Gesellschaftsanteile könnten so gutgläubig erworben werden, was mehr Rechtssicherheit schafft.

Bis ein entsprechendes Gesetz in Kraft tritt, könnte es allerdings noch etwas dauern. In den kommenden Monaten diskutieren Länder, Verbände und der im September stattfindende Deutsche Juristentag über die geplanten Regelungen. Anfang 2007 soll es einen offiziellen Regierungsentwurf geben. Und Ende nächsten Jahres könnten dann vielleicht die ersten „GmbHs-Light“ an den Start gehen.

Der Autor ist promovierter Rechtsanwalt und Notar und Partner der internationalen Anwaltssozietät Mannheimer Swartling in Berlin.

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