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Brandenburg: Von wegen Heldentum: Die Selbstüberschätzung der „Feldbefreier“

KOMMENTAR von Sandra Dassler

Es kann so schön sein, die Welt zu retten: Man trifft sich am Wochenende mit Gleichgesinnten, bestärkt sich gegenseitig in seiner Meinung, hilft einem alten Mütterchen beim Unkraut jäten, trinkt abends ein Glas Wein. Beim Aktionstraining übt man mutig, wie Polizeiketten überwunden werden und mit welchen Handzeichen man in seiner Bezugsgruppe kommuniziert.

So kann beim Sturm auf die „Saat des Bösen“ nichts mehr schiefgehen. Das Katz- und Maus-Spiel mit den Polizisten im Genmaisfeld endet wie gewollt mit medienwirksamen Bildern von festgenommenen „Feldbefreiern“. Der Rechtsstaat zeigt Präsenz. Aber in Wahrheit tut er ja nichts. Jedenfalls nichts, was wirklich wehtut. Geldstrafen von zehn Tagessätzen zu zehn Euro sind allenfalls symbolisch und stehen in keinem Verhältnis zu den Kosten, die für Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte – also für die Steuerzahler – entstehen.

Bei allem Verständnis für die berechtigten Ängste und Vorbehalte gegenüber der grünen Gentechnik: Die so genannten Feldbefreiungen sind keine Kavaliersdelikte. Und die Feldzerstörer sind keine Robin Hoods und schon gar keine Helden. Ihr Argument, sie hätten sonst keine Möglichkeit, gegen gentechnisch veränderte Pflanzen vorzugehen, überzeugt gerade angesichts jüngster Gerichtsurteile, beispielsweise gegen den Anbau von Genmais im Naturschutzgebiet, nicht.

Auch ihr Hinweis auf gewisse Sympathien in der Bevölkerung ist wohlfeil. Den meisten Menschen macht das Thema Gentechnik nämlich schon deshalb Angst, weil sie so wenig darüber wissen. Das wiederum liegt an der einseitigen Informationsstrategie der Gentechnik-Industrie. Die publiziert zwar die Vorteile, verharmlost und verschweigt aber die Risiken.

Auch Politiker wie Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer tragen zur Verunsicherung bei, wenn sie eine zunächst als sicher eingestufte Maissorte plötzlich als möglicherweise gefährlich bezeichnen. Und das nicht etwa, weil es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, sondern weil eine CSU-Karriere in Bayern – so mutmaßte kürzlich die FDP- Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan – offenbar schwer mit einem Ja zur Gentechnik vereinbar sei. Happach-Kasan meinte, dass Seehofer damit den Feldzerstörern eine Steilvorlage gegeben habe – und die fühlen sich tatsächlich in ihrem Handeln bestärkt.

„Feldbefreiungen“, so war auch gestern wieder zu hören, seien Ausdruck zivilen Ungehorsams, vergleichbar mit den Aktionen Martin Luther Kings oder Mahatma Gandhis. Was für eine Selbstüberschätzung! Es ist absurd, sich auf zivilen Ungehorsam zu berufen und zugleich andere mit Gewalt zum Gehorsam zwingen zu wollen, nämlich dazu, keinen Genmais mehr anzubauen.

Greenpeace beispielsweise hat in vergangenen Jahren Felder mit gentechnisch veränderten Pflanzen phantasievoll gekennzeichnet, aber nicht zerstört. Das war wenigstens kreativ. Mag sein, dass das Fangenspielen mit der Polizei medienwirksamer ist. Wirklichen Mut braucht man dazu jedenfalls nicht.

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