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Brandenburg: Warten auf Entwarnung

In Oranienburg wird heute die 95. Bombe gesprengt - sie liegt nur 3,50 Meter tief. Die Ämter schließen Schäden nicht aus

Oranienburg - In der Kreisstadt Oranienburg wird heute wieder sehnsüchtig auf das Sirenengeheul gehofft, mit dem das Ende der Entschärfung des 95. Bombenblindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg verkündet wird. Dann können rund 9500 Menschen in ihre Wohnungen zurück, Feuerwehr und Polizei ihre Wachen beziehen, dann kann das Krankenhaus seinen Betrieb wieder aufnehmen. Zwar ist der Bahnhof diesmal nicht betroffen und das Stauchaos bleibt vermutlich auch, aber dennoch: Der erneute Bombenalarm ist keine Routine für Sprengmeister und Stadtverwaltung. Diesmal könnten Schäden entstehen. Denn: „Diesmal liegt das gefährliche Stück nur 3,50 Meter tief“, sagt die Leiterin des Ordnungsamtes, Sylvia Holm. „Normal sind bei uns fünf bis sechs Meter.“ Außerdem ist die 250-Kilogramm-Bombe gleich mit zwei mechanischen Aufschlagzündern ausgestattet – an beiden Enden.

Die US-Luftwaffe hatte Oranienburg Anfang April 1945 mit einem riesigen Bombardement weitgehend zerstört. 22000 Bomben fielen allein am 10. April. Vorrangiges Ziel waren die Auerwerke. Die Amerikaner vermuteten hier die Herstellung einer Atombombe, oder zumindest von wichtigen Bauteilen dafür.

Zur Auswertung ihrer Angriffe schickte die Air Force wenige Stunden danach Flugzeuge mit Luftbildkameras zu den bombardierten Flächen. Anhand dieser damals gemachten Aufnahmen erfolgt heute eine systematische Suche in Oranienburg. „Wir ermitteln die Lage der damaligen Bombentrichter und prüfen die Nachbarschaft auf eventuell im Boden liegende metallische Körper“, berichtet Amtsleiterin Holm. Denn von den 22 000 Bomben seien etwa zehn Prozent Blindgänger gewesen. „Die Wahrscheinlichkeit, diese heute zu finden, ist in der Nähe der Bombentrichter am größten.“

Die Hälfte der Bomben waren mit einem chemischen Langzeitzünder ausgestattet. Diese sollten die Sprengladung erst zur Detonation bringen, wenn die Aufräumarbeiten schon im Gange waren. Viele der dünnen Zelluloidblättchen lösten sich aber nicht auf, so dass große Teile Oranienburgs auf einer tickenden Zeitbombe sitzen. Zweimal kam es bisher zu einer Selbstdetonation.

Von der heutigen Räumung bleiben besonders schwere Fälle im Krankenhaus und im Pflegeheim verschont. Einige Mediziner und Feuerwehrleute bleiben bei ihnen, um im Notfall eingreifen und einen möglichen Brand löschen zu können. Gegen 14 Uhr soll das erlösende Sirenengeheul von der erfolgreichen Entschärfung künden.

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