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Brandenburg: „Wenn du aussagst, bist du tot“

Die Freundin eines der mutmaßlichen Potzlow-Mörder hat mehrmals Zeugen bedroht – und ist nun verurteilt

Von Frank Jansen

Prenzlau/Neuruppin. Sie haben sich geliebt, die schmächtige Nicole B. und der eher kleine, aber kräftige Skinhead Marco S. Entsprechend verdruckst trat die 17-Jährige als Zeugin im Potzlow-Prozess auf, in dem sich Marco S. zusammen mit seinem Bruder Marcel und einem weiteren Neonazi wegen des grausigen Mordes an dem Jugendlichen Marinus Schöberl verantworten muss. Kaugummi kauend setzte sich Nicole B. im Landgericht Neuruppin vor die Richter und gab knappe Antworten. Marco S. blickte starr. Das war am 30. Mai. Vier Monate später, am Donnerstag, war Nicole B. nun die Angeklagte, im Amtsgericht Prenzlau. Die Frau hatte im Januar einen Zeugen des Potzlow-Verfahrens bedroht und mit Reizgas attackiert, wohl ihrem Verlobten Marco S. zuliebe. Die Staatsanwaltschaft warf der Frau außerdem vor, sie habe nach einem Überfall auf einen Afrikaner in Prenzlau wieder einen Zeugen bedroht – am Telefon mit den Worten „wenn du aussagst, bist du tot“. Denn an dem Angriff auf den Afrikaner im August 2002 hatte sich Marco S. auch beteiligt. Für ihre brachialen Liebesbeweise erhielt Nicole B. nun die Strafe: Das Amtsgericht verurteilte sie zu 20 Monaten Haft.

Anders als im Potzlow-Prozess erschien Nicole B. jetzt im Amtsgericht Prenzlau als reumütige Szeneaussteigerin und weinte. Die 17-Jährige hat eine harte Zeit hinter sich: Seit acht Monaten saß sie in einem Berliner Gefängnis, außerdem ist die Liebe zu Marco S. inzwischen zerbrochen. Nicole B. war in Haft geraten, weil sie bei dem Angriff auf den Afrikaner in Prenzlau ihrem Schwarm Marco S. nachgeeifert und auch zugeschlagen hatte. Doch nun gibt es trotz der zweiten Verurteilung ein wenig Hoffnung: Das Amtsgericht Prenzlau bezog den alten Richterspruch in die neue Strafe mit ein – und setzte dann die 20 Monate Haft zur Bewährung aus. Nicole B. kam noch diese Woche aus dem Berliner Gefängnis heraus und ist nun in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. In der allerdings auch nur sparsam Ausgang gewährt wird. Anderthalb Jahre muss Nicole B. dort bleiben und sich einer Therapie unterziehen, um von ihrer Gewaltbereitschaft loszukommen. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin meint, die Sozialprognose für die gewandelte Frau sei jetzt ganz gut.

Bei Marco B. ist keine Änderung in Sicht. Der Neonazi präsentiert im Potzlow-Prozess einen kahlen, teilweise tätowierten Schädel. Kommende Woche werden sein Verteidiger und der von Bruder Marcel plädieren. Die Staatsanwaltschaft verlangt für beide die Höchststrafe.

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