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Rückzug. Beim Ostermarsch hatten Soldaten noch mit Flugblättern für den Truppenübungsplatz geworben. Nun gibt der Verteidigungsminister die Pläne für die Wittstocker Heide endgültig auf.Foto: ddp

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Wittstock: Bundeswehr gibt Bombodrom frei

Das Bombodrom ist endgültig Geschichte. Mit der Schließung der Garnison bei Wittstock endet die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide.

Wittstock - Das „Bombodrom“ zwischen Wittstock, Rheinsberg und Neuruppin ist endgültig Geschichte. Neun Monate nach dem vom damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Jung erklärten Verzicht auf die Nutzung des 12 000 Hektar großen Areals als Luft-Boden-Übungsplatz wird jetzt auch die Garnison geschlossen. Damit beendete Verteidigungsminister Theodor zu Guttenberg (CSU) alle Spekulationen, das Areal wenigstens als Artillerieübungsgelände oder für andere Einheiten der Landstreitkräfte zu verwenden. „Dafür besteht kein Bedarf“, hieß es aus dem Ministerium. Offiziell soll der Verteidigungsausschuss des Bundestages am heutigen Mittwoch vom Minister über die Entscheidung unterrichtet werden.

Bereits seit einigen Tagen war in Wittstock über die Schließung des Standortes gemunkelt worden. „Wir dürfen noch nichts sagen“, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Betroffen vom Ende der Garnison, die kurz nach dem Abzug der russischen Truppen vom Bombenabwurfplatz eingerichtet worden war, sind 17 Bundeswehrangehörige und 79 Zivilbeschäftigte. Sie sollen an anderen Standorten eine Beschäftigung erhalten. Noch zum diesjährigen Ostermarsch, als rund 1 500 Demonstranten den endgültigen Verzicht der Bundeswehr auf das Gelände verlangt hatten, achteten Feldjäger auf die Einhaltung der freigegeben Wege.

Auch nach dem Abzug der Militärs kann die Kyritz-Ruppiner Heide noch nicht betreten werden. Gutachter hatten kürzlich festgestellt, dass „5500 der 12 000 Hektar als extrem munitionsbelastet“ bewertet werden müssen. Die sowjetischen Einheiten, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ab 1990 unter russischem Kommando standen, hatten sich keineswegs um die zahlreichen Blindgänger beim Abwurf oder Abschuss der Bomben gekümmert. Erst im vergangenen Jahr war der Standortkommandant bei einer Erkundungstour mit einer Journalistin auf mehrere scharfe Minen gestoßen. Nur mit viel Glück konnten sie sich in sicheres Gebiet retten. Auf rund 220 Millionen Euro werden die Kosten für eine Munitionsberäumung geschätzt. Die Brandenburger Linken verlangten bereits, dass sich der Bund nicht aus dieser Verantwortung stehlen könne.

Diesen Standpunkt vertreten auch die Bürgerinitiative Freie Heide, die Unternehmerinitiative Pro Heide, die Aktionsgemeinschaft Freier Himmel aus der Müritzregion sowie der Landkreis Ostprignitz-Ruppin mit den umliegenden Städten. In einer kommunalen Arbeitsgemeinschaft wollen sie Konzepte für eine zivile Zukunft des Gebietes erarbeiten. „Wir prüfen zunächst, welche Rad- und Wanderwege für die Öffentlichkeit freigeben werden“, sagte der Vorsitzende Christian Gilde, der sich als Landrat in den Protest gegen die militärische Nutzung eingereiht hatte. Außerdem solle über die wirtschaftliche Nutzung der Heide diskutiert werden, etwa als Standort für regenerative Energiequellen wie Wind- und Photovoltaikparks. Der größte Teil steht bereits unter Naturschutz. Ein Jungwolf streift durch die Wälder und auch ein Seeadlerpaar hat sich bereits angesiedelt.

Die Schließung der Garnison stößt in der Region aber nicht nur auf Begeisterung. Die Bürgermeister von Wittstock hatten stets auf die jährlich rund 1,5 Millionen Euro Steuereinnahmen hingewiesen. Außerdem vergab die Bundeswehr jedes Jahr Aufträge an regionale Firmen in Höhe von 20 Millionen Euro. Das Verteidigungsministerium hatte einst geplant, im Falle einer Genehmigung für das „Bombodrom“ die Garnison auf bis zu 2000 Soldaten auszubauen. Doch das ist nach den reihenweise verlorenen Prozessen längst Geschichte.

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