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Brandenburg: Zahl der Drogendelikte enorm gestiegen

Brandenburg ist nicht mehr nur Transitland für Rauschgiftschmuggler - seit dem Balkan-Krieg zudem mit stark steigender Tendenz -, sondern längst zum "Abnehmerland" für Drogen geworden. Seit 1994 hat sich die Zahl der Drogendelikte - 1998 waren es 4104 - verachtfacht.

Brandenburg ist nicht mehr nur Transitland für Rauschgiftschmuggler - seit dem Balkan-Krieg zudem mit stark steigender Tendenz -, sondern längst zum "Abnehmerland" für Drogen geworden. Seit 1994 hat sich die Zahl der Drogendelikte - 1998 waren es 4104 - verachtfacht. Das sagte SPD-Innenminister Alwin Ziel am Donnerstag auf einem Symposion des Landeskriminalamtes in Basdorf bei Bernau. In diesem Jahr habe es in der Mark bereits zwei Drogentote gegeben, im Jahr 1988 gab es insgesamt sechs. Vor diesem Hintergrund lehnte der Innenminister eine Legalisierung sogenannter "weicher Drogen", wie sie von grünen, aber auch Gesundheitspolitikern der SPD gefordert wird, entschlossen ab."Die alleinigen Nutznießer wären die Dealer, deren Gewinn aus dem Handel ganz legal, risikolos und sprunghaft wachsen würden", sagte Ziel. Solcher Liberalismus gehe an der Realität vorbei. Er sei überzeugt, daß bei einer Freigabe "weicher Drogen" die Nachfrage rasant wachsen würde. Der Innenminister sprach sich gegen eine Verschärfung der Gesetze im Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität, jedoch für eine strengere und unbürokratische Anwendung aus. Nach Einschätzung von Ziel hat die Drogenkriminalität, die vor 1990 in den neuen Ländern eine marginale Rolle spielte, inzwischen "den Osten voll erreicht", so Ziel.Beispiele seien dafür auch die jüngsten spektakulären Fahndungserfolge wie das ausgehobene Rauschgiftlager in einer Pension bei Ferch und der bundesweit bislang größte Heroin-Fund vom Februar, wo in einem Lastkraftwagen 316 Kilogramm mit einem Schwarzmarktwert von rund 25 Millionen Mark entdeckt worden waren. Zwar hätten Drogendelikte mit einem Anteil von 1,47 Prozent an der Gesamtkriminalität das Westniveau noch nicht erreicht, auch gebe es noch keine offene Drogenszene, wie Ziel sagte. Doch der Trend ist rasant steigend, so daß der Minister von einem "Angleichungsprozeß" an die alten Länder sprach.Das wird in aktuellen Lageeinschätzungen des Landeskriminalamtes bestätigt, die auf dem Symposium erstmals vorgestellt wurden. Danach wird zum einen Brandenburg nach LKA-Einschätzung in jüngster Zeit zunehmend als Drogentransitland für Heroinlieferungen genutzt, da durch die Kriege im Balkan die "Balkan-Route" - Türkei und Balkanstaaten nach Mittel- und Westeuropa - nun von der Türkei auch über die Ukraine und Polen nach Deutschland geführt würden. Doch es gibt auch in umgekehrter Richtung einen Drogentransit von den Niederlanden nach Osteuropa, der ebenfalls durch Brandenburg führe.Doch auch in Brandenburg selbst haben Drogenhandel und Drogenkonsum zugenommen, erklärte Kriminaloberrat Steidl, LKA-Abteilungsleiter für diesen Bereich. Schwerpunkte beim "gewerbesmäßigen Handel" mit Rauschgift "in nicht geringen Mengen" seien gegenwärtig Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Eisenhüttenstadt, Strausberg, Perleberg (zum Beispiel die Diskothek "Miami Life"), Neuruppin, Potsdam und Brandenburg. In Frankfurt Oder sei es der Polizei im ersten Halbjahr 1999 gelungen, die offene Drogenverkaufszene zurückzudrängen. In Perleberg gebe es "Anhaltspunkte", daß in einer Spielothek am Bahnhof algerische und libanesische Asylbewerber mit Haschisch und Marhiuana handeln würden, sagte Steidl.Nach LKA-Einschätzung sind Cannabisprodukte in Brandenburg "nahezu flächendeckend" erhältlich. Daneben würden in größerem Umfang vor allem synthetische Drogen und Kokain verkauft, zum Beispiel in den Diskos "Bananas" oder "Schlachthof" in Frankfurt oder in der Diskothek "Ku-Stall" in Strausberg. Hatte die Polizei insgesamt 1993 noch 234 Drogendealer oder Konsumenten ermittelt, so waren es 1998 bereits 3707 Tatverdächtige. Entgegen gängigen Vorurteilen in Brandenburg waren davon lediglich rund 5 Prozent Ausländer. Die Täter werden immer jünger, warnte Steidl. Inzwischen seien "70 Prozent der Tatverdächtigen jünger als 21 Jahre."

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