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Brandenburg: Zwei Rentnerinnen starben für eine Hand voll Euro 21-jähriger Täter gestand die Morde vor Gericht.

Er wollte nicht arbeiten – sondern Killer werden

Er hat jedes Detail vor Augen. David K. beschreibt genau, wie er zugeschlagen hat. Wie er seinen Opfern dann eine Tüte über den Kopf stülpte, nach Beute suchte. Gefühle aber kommen in seiner Auflistung nicht vor. „Ich höre, dass Sie Geld brauchten, aber ich höre nicht, dass Ihnen die Opfer Leid tun“, hält ihm die Richterin vor. David K. überlegt einen Moment. „Es war in Ordnung für mich in diesem Moment“, meint er dann. Später sagt der 21-jährige Angeklagte aus Marzahn, er habe Berufskiller werden wollen.

David K. muss sich seit gestern wegen Doppelmordes vor dem Berliner Landgericht verantworten. Im Mai letzten Jahres tötete er die 82-jährige Ilse Hampel in Mitte, knapp vier Monate später die 91-jährige Emma Funk in Tempelhof. Beide Frauen erstickten laut Anklage in Plastiktüten. Die gehbehinderte Ilse Hampel hatte er von einem Supermarkt aus verfolgt, sie in ein Gespräch verwickelt und ihr schließlich geholfen, ihre drei Einkaufstüten in ihre Wohnung in der Zionskirchstraße zu tragen. Bei Emma Funk hatte er sich als angeblicher Paketzusteller eingeschlichen. Er erbeutete in den Wohnungen seiner Opfer 30 und 40 Euro.

Reisen, tolle Klamotten, eine schöne Wohnung, ein Auto – Wünsche hatte David K. viele. Und sie sollten schnell in Erfüllung gehen. Kurz vor der ersten Tat hatte K. seine Dachdecker-Lehre geschmissen. „Ich habe zu wenig Geld bekommen, hatte Schulden“, sagt er vor Gericht. Was er einem seiner Kumpels erklärt haben soll, klingt drastischer: „Ich habe keine Lust mehr, mich abzuschuften, lebe lieber auf Staatskosten.“ Er besorgte sich für 1600 Euro eine scharfe Waffe, war aber enttäuscht. „Da war kein Schalldämpfer dran, deshalb habe ich sie auch nicht eingesetzt“, erklärt der Angeklagte. Mit der Pistole habe er eigentlich Villen überfallen wollen. Aber „für den Anfang“ sei er dann auf die Idee mit den alten Damen gekommen: „Das schien mir am leichtesten.“

Wochenlang hielt er nach Opfern Ausschau. Dann sah er Ilse Hampel in einem Supermarkt. „Sie trug Ringe und sah nach einem kleinen Vermögen aus.“ Als er Geld von ihr verlangte, weigerte sich die Frau aus Mitte. Als sie am Küchenfenster stand und Alarm schlagen wollte, stieß er sie zu Boden, hielt ihr den Mund zu, würgte sie. Dann die Tüte. „Ich wollte nicht, dass sie mich später erkennt, ich wollte nicht ins Gefängnis“, sagt der fast flüsternde Angeklagte.

Und er habe bei der ersten Tat auch ausprobieren wollen, „ob ich fähig bin, einen Menschen zu töten“.

Bei Emma Funk hatte er auch Bankunterlagen mitgenommen. Als er sich mit gefälschter Unterschrift 1900 Euro von ihrem Konto überweisen ließ, kam ihm die Polizei auf die Spur. David K. hat drei Geschwister. Seinen leiblichen Vater kennt er nicht. Seine Mutter arbeitet als Altenpflegerin. Vorstrafen hat K. nicht. Er sagt, dass er sich viel mit Gewaltvideos und -computerspielen beschäftigt habe. „Ich wollte mal probieren, ob man das auf Menschen übertragen kann“, behauptet er. Er klingt wie eine Ausrede. Woher kam die Brutalität? Eine Gutachterin soll dem Gericht bei der Suche helfen. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft hat David K. gute Chancen, nach Jugendstrafrecht verurteilt zu werden. Die Höchststrafe läge dann bei zehn Jahren Haft.

Kerstin Gehrke

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