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Totes Kind: Polizei sucht Baby auf Freundschaftsinsel

Eine Frau sagt, sie habe ein Kind tot zur Welt gebracht und auf der Freundschaftsinsel abgelegt. Auf der beliebten Garteninsel sucht die Polizei mit Tauchern, Leichenhunden und 50 Bereitschaftspolizisten. Bisher fehlt jede Spur.

Der Verdacht ist grauenhaft: Eine Potsdamer Mutter hat möglicherweise ihr neugeborenes Kind umgebracht und den Leichnam auf der Freundschaftsinsel abgelegt. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft in einer gemeinsamen Mitteilung erklärten, werde gegen die Frau wegen des Verdachts auf Totschlag ermittelt. Zugleich begannen Dutzende Polizisten mit einer Suchaktion rund um das Areal der beliebten Garteninsel.

Sollte sich der Verdacht auf Totschlag bestätigen, wäre es der erste Fall einer Babytötung in der Landeshauptstadt nach 1989, hieß es bei der Polizei. Die Potsdamerin geriet unter Verdacht, nachdem sie am Dienstag wegen akuter Unterleibsschmerzen am Klinikum „Ernst von Bergmann“ behandelt wurde, so die Ermittler. Ein Gynäkologe, der sie untersuchte, stellte demnach fest, dass die Frau vor geraumer Zeit entbunden haben muss. Allerdings hätten sich keine Unterlagen über die Entbindung oder die Identität des Kinden finden lassen, hieß es weiter. Gegenüber dem Arzt habe die Frau schließlich erklärt, sie habe bereits Ende November 2009 selbst ein Kind entbunden - allerdings totgeboren.

Da die Frau in der Folge wegen ihrer Unterleibsbeschwerden intensiv medizinisch behandelt wurde, konnte sie erst am Donnerstag von Ermittlern vernommen werden, hieß es bei der Staatsanwaltschaft. In dem Gespräch habe die Potsdamerin gesagt, die sie das tote Kind „in Panik“ zur Freundschaftsinsel gebracht habe.

Den genauen Ort nannte die Verdächtige offensichtlich nicht, da die Insel gestern großflächig von Polizisten abgesucht wurde - allerdings ohne Erfolg. Weite Teile des Areals waren tagsüber mit weiß-rotem Flatterband abgesperrt. Gegen Mittag durchkämmten rund 50 Polizisten das Gelände mit Stangen, um möglicherweise zwischen Sträuchern den Leichnam zu finden. Zwei Leichenspürhunde waren im Einsatz. Den Uferbereich der Insel suchten Taucher in Neopren-Anzügen ab. Auf der Alten Fahrt kreuzten Schiffe der Wasserschutzpolizei. Die Aktion wurde durch eisige Kälte und Schneefall erschwert und dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit an. Für die Polizisten gab es Tee und Verpflegung.

Zur Identität der Verdächtigen wurde gestern außer ihrem Wohnort nichts bekannt. Offiziell geschah dies aus "ermittlungstaktischen Gründen“, dem Vernehmen aber auch deswegen, weil der Verdacht ohne einen zu untersuchenden Leichnam noch nicht erhärtet sei. Auch ein Haftbefehl gegen die Verdächtige wurde nicht erlassen, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft dem Tagesspiegel - dieser werde erst geprüft, wenn das Kind gefunden und untersucht sei.

Auch die Potsdamer Stadtverwaltung reagiert. Das Jugendamt sei informiert und kümmere sich sagte eine Sprecherin der Verwaltung: "Im Vordergrund steht zunächst einmal der Schutz der Familie.“ Für Montag kündigte sie zu dem Vorfall eine Stellungnahme der Verwaltung an. Sollte es sich bei dem Fall um einen Totschlag handeln, könnte dies erneut eine Diskussion über den Sinn von so genannten Babyklappen auslösen, die es Müttern oder Vätern ermöglichen sollen, ihr Neugeborenes anonym zur Adoption freizugeben. In Potsdam gibt es so eine Klappe am St. Josefs Krankenhaus. Dort wurden seit 2003 vier Kinder abgelegt. Zuletzt hatte sich der Deutsche Ethikrat, ein unabhängiges Sachverständigengremium, gegen solche Lösungen ausgesprochen, sie seien "ethisch und rechtlich sehr problematisch.“ Dagegen sagte gestern die Chefin des Josef-Krankenhauses, Adelheid Lanz: "Wir halten an diesen Einrichtungen fest, da wir das Lebensrecht höher einschätzen als das Recht auf Herkunft.“ Im jetzigen Fall von Potsdam hat aber auch möglicherweise eine Babyklappe nicht mehr helfen können.

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