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Brandenburg: Tourismus: Brandenburg geht baden

Brandenburg befindet sich auf dem schier unaufhaltsamen Weg zum Bäderland. In den Sommern war das natürlich schon immer so.

Brandenburg befindet sich auf dem schier unaufhaltsamen Weg zum Bäderland. In den Sommern war das natürlich schon immer so. Denn mehr als 3000 Seen - die meisten davon zum Bade wunderbar geeignet - weist kein anderes Bundesland auf. Selbst Finnland steht in diesem Vergleich auf fast verlorenem Posten. So sagen es jedenfalls die Tourismusfachleute. Nun soll die ohnehin meist kurze und zudem noch unsichere Saison überall verlängert werden. Denn vielerorts öffnen neue oder renovierte Bäder.

Zumeist firmieren sie unter den Titeln "Spaß" oder "Erlebnis", wie in Fürstenwalde, Schwedt, Wittenberge oder Brandenburg. Dazu kommen die wesentlich teureren Thermalbäder in Bad Saarow und Templin. Die Kurdirektoren erhoffen einen kräftigen Besucherschub: Bei Thermalsole, Musik- und Lichteffekten sollen die Besucher in der Badewelt ihre Alltagssorgen abschütteln - und Geld in die Gemeindekassen bringen. Allein in Templin - das Thermalbad wurde vor gut einer Woche eröffnet - werden jährlich 195 000 Besucher erwartet. In Kürze entstehen neue Anlagen in Bad Wilsnack und Belzig.

Genau 186 Millionen Mark an Steuergeldern stehen in den nächsten sechs Jahren für den Bau und die Modernisierung von Hallenbädern zur Verfügung. Seit 1990 kostete der Spaß in den Wasserbecken bereits 200 Millionen Mark, nur an reinen Baukosten aus Mitteln des Landes, des Bundes und der EU. Über den neuen Geldsegen können sich unter anderem Rheinsberg, Werder, Burg im Spreewald sowie Potsdam - hier im Ortsteil Drewitz - freuen. Da drängt sich doch die Frage auf, ob es vielleicht auch etwas kleiner gehen könnte? Denn die staatlichen Gelder aus Bonn, Berlin oder Brüssel unterstützen in der Regel nur die reine Bauphase. Die Finanzierung des laufenden Betriebes der Hallenbäder lastet auf den Kommunen. Bekanntlich jammern diese bei jeder Gelegenheit über Haushaltslöcher. Im benachbarten Sachsen kämpfen gleich mehrere Orte mit überdimensionierten Spaßbädern gegen drohende Pleiten. Dort waren einige Projekte schlichtweg am Bedarf vorbei in die Landschaft gesetzt worden.

Diese Gefahr ist auch in Brandenburg nicht völlig aus der Luft gegriffen. So viele Badelustige gibt es angesichts des dramatischen Rückgangs der Einwohnerzahlen in vielen Gegenden abseits Berlins wahrscheinlich gar nicht. Junge Leute als potenzielle Hauptnutzer der Bassins und Rutschen kehren auf der Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen massenweise ihrer Heimat den Rücken.

Deshalb sollte sich das Land bei großen Spaß-, Erlebnis- und Thermalbädern wirklich auf die Touristenorte konzentrieren. Hier kann den Urlaubern und Kurzausflüglern tatsächlich eine Alternative bei schlechtem Wetter oder in den kühleren Jahreszeiten geboten werden. Templin in der Uckermark, Bad Saarow am Scharmützelsee oder Bad Wilsnack in der Prignitz in Sichtweite der Elbe sind als Kurstädte genau die richtigen Standorte für Thermalbäder. Andere Orte sollten sich da etwas zurücknehmen. Vielleicht wäre damit auch noch das Geld aus dem Fördermitteltopf für ein größeres Hallenbad in Neuruppin möglich. Denn die Stadt hat sich gerade im Fontanejahr 1998 überregional profiliert. Für die Werbung um Touristen würde so eine zusätzliche Attraktion genau ins Konzept passen. Die jetzt aber mehr dem Gießkannenprinzip gleichende Verteilung der Fördermittel läuft möglicherweise daraufhinaus, dass das Land auf diesem Gebiet irgendwann baden geht. Hoffentlich nicht im übertragenen Sinn.

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