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Brandenburg: Trotz Flutgefahr: Der Deich wird nicht verlegt

Umweltministerium reagiert auf massive Anwohnerproteste bei Rühstädt Konsequenzen aus dem Elbe-Hochwasser von 2002 müssen zurückstehen

Rühstädt - Eines der anspruchsvollsten Projekte zum Hochwasserschutz an der Elbe verschwindet in den Schubladen. Nach starken Anwohnerprotesten und Einsprüchen der örtlichen Behörden wird der Deich vor dem Storchendorf Rühstädt in der Prignitz nicht ins Landesinnere verlegt. Stattdessen werden die vor rund 100 Jahren angelegten Dämme nur verstärkt und erhöht.

Ursprünglich sollte die Elbe bei Hochwasser hier mehr Raum erhalten und große Flächen ohne Schaden überfluten. Doch Landwirte und Jäger fürchteten um ihre insgesamt rund 100 Hektar großen Felder, Weiden und Jagdreviere, denn die potentiellen Überflutungsgebiete sollten unter Naturschutz stehen. Damit bleibt von den nach der Hochwasserkatastrophe angekündigten Konsequenzen nicht mehr viel übrig.

Der Fluss dürfe künftig durch Deiche und Dämme nicht mehr in ein so enges Bett gezwängt werden, hieß es damals. Auf großen Überflutungsflächen sollte der Elbe ihre Kraft genommen werden. Lediglich im Gebiet Lenzen zwischen Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen läuft noch ein Projekt zur Deichverlegung. Aber auch hier wehren sich Bewohner dagegen, ihre Flächen zu verkaufen. Brandenburgs Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) kündigte bereits an, notfalls die betroffenen Flächenbesitze zu enteignen.

Im Raum Rühstädt aber zählt nun plötzlich die bisherige Argumentation nicht mehr. „Eine Sanierung in der Alttrasse ist in Würdigung aller Ergebnisse effektiver und kostengünstiger als eine Rückverlegung des Deiches“, heißt es im Ministerium. Die Baukosten für die Sanierung der Alttrasse seien rund eine Million Euro geringer als bei einer Deichverlegung. Auch hätte eine Rückverlegung kaum „Einfluss auf den Abfluss von Hochwasserwellen flussabwärts“. Nur um zwei Zentimeter würde der Wasserspiegel durch die zusätzlich gewonnenen Überflutungsgebiete sinken. Experten hatten in zahllosen Veranstaltungen mit viel höheren Werten argumentiert.

Ein ganzes Jahr lief bereits ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren zum Deichbau. Dabei hätten sich starke Vorbehalte gegen eine „Rückdeichung“ in der Region herausgestellt, wie der zuständige Abteilungsleiter im Ministerium, Hartmut Niesche, erklärte. Selbst das Amt Bad Wilsnack-Weisen und der Landkreis sorgten sich um den Verlust von „wertvollem Ackerland.“

In Rühstädt wurde am Wochenende von großer Erleichterung gesprochen. Man hoffe auch beim nächsten Elbhochwasser glimpflich davonzukommen, da die alten Deiche um 70 Zentimeter erhöht würden, erklärten die Bewohner. Im August 2002 hatten nur Tausende Helfer einen Bruch oder eine Überflutung der Dämme verhindert. Die Leitung des Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe-Brandenburg bedauerte die Entscheidung des Ministeriums. Es werde nun eine Abkehr von sämtlichen Projekten zur Rückverlegung der Deiche befürchtet, so eine Sprecherin. Zudem hätten die neu gewonnenen Flächen auch der Natur neue Lebensräume gegeben.

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