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Brandenburg: Tschetschenen nutzen neue Grenzfreiheit

Viele Flüchtlinge aus dem Kaukasus leben als Asylbewerber in Polen. Nun werden sie vermehrt bei der illegalen Einreise gestellt

Frankfurt (Oder) - Der Wegfall der stationären Personenkontrollen an der Grenze zu Polen vor einer Woche wird offenbar von zahlreichen Nicht-EU-Bürgern zur unerlaubten Einreise nach Deutschland missbraucht. Vor allem Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsgebiet der russischen Kaukasusrepublik Tschetschenien machen sich aus Asylbewerberlagern in Polen auf den Weg nach Westen. Mehrere Dutzend Tschetschenen wurden bereits auf deutscher Seite bei Kontrollen in Zügen, Bussen und in Taxis aufgegriffen. „Es gibt täglich Festnahmen“, bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Allerdings sei es für ein „Lagebild der grenzpolizeilichen Aufgriffe im Schengen-Raum“ noch zu früh. „Erst um den 10. Januar können wir eine Zusammenfassung abgeben“, sagte der Sprecher.

Nicht bestätigen wollte das Bundesinnenministerium eine Warnung der polnischen Behörden, wonach es seit dem vorangegangenen Wochenende einen „echten Sturm“ auf die Grenze gebe. In Zügen und Bussen in Richtung Westeuropa seien auf polnischer Seite bereits fast 120 Tschetschenen aufgegriffen worden, teilte der Sprecher des polnischen Grenzschutzes in Gorzow-Wielkopolski, Andrzej Kaminski, mit. Nach seinen Angaben dürfen sich die Tschetschenen als Asylbewerber auf dem polnischen Staatsgebiet frei bewegen. Die Grenzen ohne ein Visum überschreiten dürften sie aber nicht.

In Polen leben nach einer Übersicht des dortigen Innenministeriums 1782 Tschetschenen als anerkannte politische Flüchtlinge. Der Aufenthalt von mehr als 7000 Angehörigen dieser Nationalität werde geduldet, Anträge von mehr als 3500 Menschen befänden sich noch im Status der Überprüfung.

„Die Asylbewerber ignorieren aber die Auflage, das Land nicht zu verlassen, völlig“, sagte der Grenzschutzsprecher. Seine Einheit überwacht 200 der insgesamt 467 Kilometer langen deutsch-polnischen Grenze. Doch durch diesen Abschnitt führen die kürzesten Wege auf Straße und Schiene nach Berlin. So verwundert es nicht, dass der deutschen Bundespolizei hier die meisten Aufgriffe gelangen. Am ersten Weihnachtstag hatte sie auf der Autobahn 11 Stettin–Berlin im mecklenburgischen Uecker-Randow-Kreis in fünf polnischen Taxis 18 Tschetschenen gefasst.

Zuvor hinderten nach einem Bericht der polnischen Nachrichtenagentur PAP deutsche und polnische Grenzbeamte in einer gemeinsamen Aktion 59 Tschetschenen, darunter 28 Kinder, an der illegalen Einreise nach Deutschland. Sie saßen im Zug von Warschau nach Berlin und mussten noch vor der Oderbrücke wieder zurück nach Polen. Die Leitung dieser Aktion hatte das deutsch-polnische Polizeizentrum Swiecko bei Frankfurt übernommen. „Wir versuchen, die Identität der Festgenommenen festzustellen“, sagte der Sprecher des Bundesinnenministeriums. „Dann werden sie zurück über die Oder geschickt. Polen gilt wie alle Nachbarstaaten Deutschlands als sicheres Drittland.“

Polnische Medien berichteten in den letzten Tagen über mehrere Aufgriffe von Tschetschenen im ganzen Landesgebiet. Es habe sich jeweils um Gruppen zwischen 20 und 50 Personen, größtenteils in Reisebussen, gehandelt.

Allerdings dürfte es nicht lange dauern, bis die Festgenommenen einen weiteren Versuch zur illegalen Einreise unternehmen. Im Hinterland der einstigen Grenzübergänge über Oder und Neiße waren an den vergangenen Tagen nur selten Streifen der Bundespolizei sichtbar. Ob die Tschetschenen in der Regel in Deutschland bleiben wollten oder anderswohin weiterreisen, dazu wollte das Bundesinnenministerium nichts sagen.

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