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Brandenburg: Untreueprozess: De Maizière entlastet Diestel

Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière hat am Donnerstag seinen damaligen Ministerkollegen Peter Michael Diestel vor dem Berliner Landgericht entlastet. Als "juristisch korrekt" bezeichnete de Maizière den Kauf eines Seegrundstücks im brandenburgischen Zeuthen, für den sich Diestel seit Anfang Februar erneut verantworten muss.

Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière hat am Donnerstag seinen damaligen Ministerkollegen Peter Michael Diestel vor dem Berliner Landgericht entlastet. Als "juristisch korrekt" bezeichnete de Maizière den Kauf eines Seegrundstücks im brandenburgischen Zeuthen, für den sich Diestel seit Anfang Februar erneut verantworten muss. Ihm wird vorgeworfen, 1990 mit seiner Frau das Haus samt Grundstück für nur 193 000 Mark von seinem eigenen Ministerium gekauft zu haben; der Wert der Villa soll aber schon damals 770 000 Mark betragen haben.

Ein Händedruck, zwei Grüße

Ein kühler Händedruck, zwei knappe Grußworte: Mehr hatten sich der letzte Innenminister und der letzte Ministerpräsident der DDR vor Gericht nicht mehr zu sagen. Lothar de Maizière, der als Zeuge im Untreueprozess gegen Peter Michael Diestel gehört wurde, sagte dazu, ihn verbinde heute nicht mehr als "eine lose Freundschaft" mit Diestel. Dem Angeklagten, der auch sein Stellvertreter war, bescheinigte er, "ein fähiger Minister" gewesen zu sein.

Während Diestels Verteidiger Franz Salditt den Zeugen mit den Worten "Es ist mir eine Ehre, den letzten Ministerpräsidenten der DDR befragen zu dürfen" ansprach, unterließ der Vorsitzende Richter Günther M. Sander solche Etikette. Er konfrontierte den Zeugen mit der Aussage aus einem Zeitungsinterview, wonach ihn der Prozess verärgere. "Dass mich dieses Verfahren ärgert, ist wohl wahr", antwortete de Maizière. Der Prozess unterstelle, dass er seinen Amtseid als Ministerpräsident verletzt habe, hatte er im selben Interview gesagt.

Das Strafverfahren hat einen Schatten auf de Maizière geworfen, weil er den Kaufvertrag für das Grundstück 1990 gelesen und an den damaligen Finanzminister Walter Romberg mit der Empfehlung weitergeleitet hatte, zuzustimmen. Zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der den ersten Freispruch für Diestel 1998 aufgehoben und den Kaufvertrag für nichtig erklärt hatte, sagte de Maizière gegenüber Medienvertretern: "Die Herren, die dieses Urteil erlassen haben, haben sich mit der Lebenssituation von 1990 nicht auseinander gesetzt."

"Das war damals sehr viel Geld"

De Maizière, der heute als Rechtsanwalt in Berlin tätig ist, sagte, der im ursprünglichen Wertgutachten genannte Kaufpreis für die Zeuthener Villa bei Berlin habe in Relation zu dem Einkommen eines Ministers gestanden. "Das war damals sehr viel Geld. Zu DDR-Zeiten kostete ein Einfamilienhaus zwischen 35 000 und 45 000 Mark", sagte der Zeuge. Nach seiner Aussage gab es im Sommer 1990 noch keine entwickelten Grundstückspreise, sondern es galt noch die staatliche Festpreisbindung.

De Maizière entlastete Diestel auch hinsichtlich des Vorwurfes, er habe mit dem eiligen Hauskauf der Deutschen Einheit zuvorkommen wollen. Er sagte: "Im Juli 1990 sind wir davon ausgegangen, dass die DDR noch bis 1992 existiert. Mir war aber auch klar, dass dann Immobilienpreise höher sein würden." Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Diestel seine Stellung ausgenutzt und somit gegen seine Ministerpflichten verstoßen hat. Diestel, jetzt Rechtsanwalt in Potsdam, hatte das zu Prozessbeginn bestritten. Das Seegrundstück sei ihm von Sicherheitsexperten empfohlen worden. Den Sicherheitsaspekt bei der Auswahl des Grundstückes bestätigte auch de Maiziére in seiner Aussage.

Guido Egli

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