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Brandenburg: Verdünntes Konzentrat

Thorsten Metzner

Brandenburg verliert sein politisches Spitzenpersonal. Regierungschef Matthias Platzeck, der zu Höherem berufene designierte SPDVorsitzende, wird dem Land den Rücken kehren. Das ist nur eine Frage der Zeit. Weil es nicht lange gut gehen kann, Deutschland nebenbei aus Potsdam mitregieren zu wollen. Jörg Schönbohm, sein konservativer Vize und Innenminister, wird 2007 den Vorsitz der Landes-Union abgeben. Lothar Bisky, der langjährige Chef der Landtagsfraktion und Bundesvorsitzende der Linkspartei, ist schon weg – auch ab nach Berlin. Wie aber ist es um die nachrückende Politikergilde bestellt?

Merkwürdigerweise stehen die Landtagsparteien SPD, CDU und Linke alle vor dem gleichen Problem. Die prominenten Führer gehen weg oder treten aus Altersgründen ab. Aber jeder hat bisher seine Partei geprägt. Jeder hat auf seine Weise auch dazu beigetragen, das intellektuelle Niveau ihrer Landesverbände zu heben – und den seit Jahren immer stärkeren Trend zur Mittelmäßigkeit im Brandenburger Parlament zu kaschieren. Es ist keine Denunziation: Die Nachfolger haben deren Qualität, Autorität und Bildung nicht, die Personaldecke ist überall gleich dünn. Der Brain-Drain, unter dem Brandenburg ohnehin leidet, trifft auch das politische Establishment.

Gewiss, man kann entgegenhalten, dass die Brandenburger Konzentration von Spitzenpolitikern mit bundespolitischer Stimme, jedenfalls mit anderen Ost-Ländern verglichen, durchaus eine Ausnahme war. Insofern mag also ostdeutsche Provinznormalität einkehren. Die Landespolitik wird eben „sachsen-anhaltinischer“ oder „mecklenburgischer“. Richtig ist sicher auch: Wenn nur noch Regierungs- und Politikhandwerk gefragt wären, könnten das die Baaskes und Speers in der SPD, eine Johanna Wanka oder ein Ulrich Junghanns in der Union, oder die ehrgeizige Linkspartei-Funktionärin Kerstin Kaiser allemal.

Allein, soweit ist das Land noch nicht. Im Gegenteil, angesichts der finanziellen, wirtschaftlichen und demografischen Umbrüche und der verbreiteten Lethargie in der Bevölkerung brauchte Brandenburg gerade in den nächsten Jahren eine besonders kluge und durchsetzungsstarke Politik, Fantasie und neue Impulse. Stattdessen droht das Land noch mehr im eigenen Saft zu schmoren.

Kein Ausweg? Ein nahe liegender liegt auf der Hand: Die Fusion mit Berlin könnte auch einen Zustrom von Personal, Kompetenz und Ideen für dieses gebeutelte Land bedeuten. Es gäbe sogar eine reale Chance, wenn die nötige Volksabstimmung mit der Bundes- und Landtagswahl 2009 zusammengelegt würde. Allerdings muss man fragen, wer die fusionsskeptischen Märker von dem Projekt noch überzeugen soll, ja, wer eigentlich als Ministerpräsident in Frage käme. Ein Günter Baaske, ein Ulrich Junghanns oder eine Johanna Wanka könnten Brandenburg regieren. Aber auch Berlin? Andersherum dürfte ein Hauptstadt-Yuppie wie Berlins Regierender Klaus Wowereit den Märkern kaum als Regierungschef eines gemeinsamen Landes zu vermitteln sein. Da ist wieder das leidige Problem mit dem Spitzenpersonal – und Ratlosigkeit.

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