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Brandenburg: Vom Unternehmer zum Wirtschaftsminister

Junghanns löst Fürniß ab und gilt als möglicher Nachfolger von CDU-Chef Schönbohm. Schon gibt es Stasi-Vorwürfe

Potsdam. Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und Frankfurter Unternehmer Ulrich Junghanns wird neuer Wirtschaftsminister in Brandenburg. CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm bestätigte am Dienstag, dass er Ministerpräsident Matthias Platzeck diesen Personalvorschlag unterbreitet habe. Nachdem die Fraktion die Personalie billigte, hat der Landesvorstand der Nominierung gestern bei einer Enthaltung zugestimmt. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) nannte Junghanns „sachlich, kompetent und integrativ“. Er werde Schönbohms Personalvorschlag „sehr gerne“ folgen. Der Ministerpräsident sagte, die große Koalition werde ungeachtet der Rücktritte von drei CDU-Ministern seit 2000 „hoffentlich weiter zusammenarbeiten“.

Schönbohms Vorschlag, Junghanns zum neuen Minister zu berufen, wurde innerhalb der CDU durch neue Querelen überschattet: Der Landtagsabgeordnete und Schönbohm-Kritiker Wolfgang Hackel sorgte im Landtag für einen Eklat. Vor der Fraktionssitzung sagte er: „Wenn Stasi-Junghanns Wirtschaftsminister wird, bricht der totale Krieg aus.“ Diese Äußerung stieß in der Fraktion auf scharfe Ablehnung. Schönbohm sagte dem Tagesspiegel, Junghanns sei jahrelang Bundestagsabgeordneter gewesen und mehrmals überprüft worden. Es hätten sich keine Anhaltspunkte auf eine Stasi-Mitarbeit ergeben. Junghanns war vor der Wende letzter Vorsitzender der DDR-Bauernpartei, damals eine auf SED-Kurs marschierende Blockpartei wie die Ost-CDU. Nach der Wende sorgte er dafür, dass die Bauernpartei in der Union aufging.

Zu den Hackel-Attacken sagte Junghanns dem Tagesspiegel, dass er rechtliche Schritte gegen Hackel erwäge. Hackels Äußerungen disqualifizierten ihn selbst. Doch auch die CDU-Mittelstandsvereinigung und der so genannte Wirtschaftsflügel in der Fraktion machten gegen Junghanns als Nachfolger des über eine Kreditaffäre gestolperten Wirtschaftsministers Wolfgang Fürniß mobil. Sie plädierten stattdessen für ihren den wirtschaftspolitischen Sprecher der Fraktion, Christian Ehler, der ebenfalls für das Ministeramt im Gespräch war. Ehler ist auch Vorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung. „Er mobilisiert seine Truppen und ist frustriert", hieß es in Schönbohms Umfeld.

Intern wurde gemutmaßt, dass das Gerangel tiefere Hintergründe habe: Junghanns sei der Favorit Schönbohms für dessen Nachfolge. Der CDU-Landeschef hatte kürzlich erklärt, dass er 2004 noch einmal als Spitzenkandidat für seine Partei bei der Landtagswahl antreten werde, aber 2006 den Stab weitergeben wolle. Bislang war auch Fürniß als möglicher Schönbohm-Nachfolger gehandelt worden. Jetzt bleibe nur noch Junghanns übrig. In der CDU glauben viele, dass Schönbohm mit der Personalie eine „Vorentscheidung zur Wachablösung“ getroffen habe. Junghanns habe jetzt die Chance, sich als Minister zu profilieren und im Land bekannt zu machen. Dies lasse einige ambitionierte Christdemokraten „nicht ruhen“. Alte Animositäten zwischen ehemaligen Mitgliedern der Ost-CDU und der Bauernpartei spielten bei dem Gerangel nach Einschätzung von CDU-Politikern eine Nebenrolle.

Dienstagmorgen hatte Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) offiziell das Rücktrittsgesuch des wegen eines privaten Millionenkredits aus den Vereinigten Arabischen Emiraten unter Druck geratenen Ministers Fürniß angenommen. Er sprach ihm dabei Respekt für seine Entscheidung aus. Vor Journalisten sagte Platzeck, die Annahme des Kredits sei ein „erheblicher Fehler“ gewesen. Auch Fürniß selbst hatte das am Montag eingeräumt. Platzeck äußerte die Hoffnung, dass der Wechsel im Wirtschaftsressort keine negativen Auswirkungen auf den Bau der 1,3 Milliarden Dollar teuren Chipfabrik in Frankfurt an der Oder haben werde. Das Emirat Dubai ist der Hauptfinanzier, Fürniß hatte seinen Kreditgeber bei den dortigen Verhandlungen kennen gelernt. Dem Vernehmen nach wird in Regierungskreisen befürchtet, dass sich die Scheichs in Dubai jetzt beleidigt zurückziehen oder zusätzliche Forderungen aufmachen könnten. Man warte auf positive Signale aus Dubai, hieß es. Vielleicht muss der neue Minister schon bald nach Dubai reisen. Es wird darauf verwiesen, dass Fürniß „einen sehr guten Stand“ bei den Scheichs hatte. Bei der Communicant AG selbst, die die Chipfabrik betreiben will, sehe man keine Anzeichen für einen Kurswechsel in Dubai, sagte ein Sprecher.

Michael Mara

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