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Brandenburg: „Wir bearbeiten weit mehr Fälle als westdeutsche Kollegen“

Zu wenig Kontrolle? Zu viel Personal? Stimmt für Charlottenburg-Wilmersdorf nicht, sagt der Leiter des Sozialamtes. Und gemeinnützige Arbeit produziere nur Kosten...

DAS SAGEN DIE BETROFFENEN

Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass bei der Sozialhilfe viel Geld gespart werden könnte, wenn Missbrauch richtig kontrolliert wird. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ich sehe das ganz anders. Gemessen an der Gesamtzahl derer, die Sozialhilfe erhalten – das sind rund 20 000 Menschen in unserem Bezirk – beziehen nur sehr wenige missbräuchlich Leistungen. Denn bevor Sozialhilfe gezahlt wird, prüfen wir sehr intensiv.

Stellen Sie denn Missbrauchsfälle fest?

Sicherlich, aber die liegen im Promillebereich. Wir hatten im vergangenen Jahr insgesamt 140 Missbrauchsfälle. Wir bringen allerdings nur die zur Anzeige, die mit richtig krimineller Energie vorgegangen sind.

Als ein weiterer Kostenfaktor wird das Personal genannt. In Berlin sollen doppelt so viel Mitarbeiter im Bereich Soziales arbeiten wie im Bundesdurchschnitt.

Das glaube ich nicht. Wir haben so hohe Fallzahlen, die die westdeutschen Kommunen überhaupt nicht haben. Hier in CharlottenburgWilmersdorf hat jeder Mitarbeiter zwischen 140 und 190 Fälle zu bearbeiten.

Sozialhilfeempfänger können zur gemeinnützigen Arbeit herangezogen werden. Kann man damit Kosten senken?

Dass man Geld sparen kann, wenn man Sozialhilfeempfänger zur gemeinnützigen Arbeit schickt, ist ein Irrtum. Es dürfen keine Tätigkeiten sein, die Regelarbeiten sind, sie müssen immer zusätzlich sein. Der Spareffekt ist gleich Null. Im Gegenteil, diese Arbeit schafft weitere Kosten. Der Sozialhilfeempfänger erhält 1,53 Euro pro Stunde, und die Organisation erfordert Personalressourcen.

Gibt es Drückeberger?

Einige wenige gibt es. Dann führen die Sozialarbeiter Gespräche, um die Gründe herauszufinden. Wir versuchen, für jeden den richtigen Einsatz zu finden. Wenn jemand sich partout weigert, können wir die Sozialhilfe kürzen. Das tun wir auch.

Sehen Sie eine Möglichkeit, wie man die Kosten für Sozialhilfe senken könnte?

Die durchschnittlichen Kosten pro Fall sollen jetzt gesenkt werden. Im vergangenen Oktober ist die so genannte Falldurchschnittssätzeverordnung in Kraft getreten. Erste Analysen haben ergeben, dass gerade Charlottenburg-Wilmersdorf im Vergleich mit anderen Bezirken hohe Kosten pro Fall hat . Das liegt an dem höheren Mietenniveau und daran, dass wir die höchste Zahl von Single-Haushalten in Berlin haben. Die verursachen im Durchschnitt höhere Kosten als eine Familie.

Liegt es vielleich auch daran, dass Ihr Sozialamt öfter eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank spendiert als andere Ämter?

Das halte ich für ausgeschlossen. Wenn wir in manchen Punkten zu großzügig waren, müssen wir künftig genauer hingucken. Aber ich denke nicht, dass das viel bringen wird. Unsere Sachbearbeiter sind schon jetzt sehr kostenbewusst.

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