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Brandenburg: „Wir haben keine Zeit mehr für Spielchen“

CDU-Chef Jörg Schönbohm über den Geist der Koalitionsvereinbarung und die künftige Zusammenarbeit im neuen Kabinett

Geht, wie manche befürchten, in Brandenburg alles weiter wie bisher?

Nein, die neue Regierung wird stärker auf die Wachstumskräfte setzen, sie wird die Konsolidierung des Haushaltes, die Reform des Schulsystems, den Abbau der Bürokratie, die Wirtschaftspolitik konsequenter anpacken als die frühere.

In den letzten Jahren gab es viele Reibereien – wird sich das auch ändern?

Ja, ich glaube schon, dass es im Kabinett kein Gegeneinander, keine Indiskretionen mehr geben wird. Wer sich nicht an die Kabinettsdisziplin hält, muss vom Ministerpräsidenten zurechtgewiesen werden. Was die CDU angeht, werde ich das – wenn nötig – tun. Wir haben keine Zeit mehr für Spielchen, gegenseitiges Vorführen, Durchstechereien.

Das persönliche Verhältnis zwischen Ihnen und dem Regierungschef war nicht immer spannungsfrei. Ist es besser geworden?

Ja. Der Wahlkampf, der zu Irritationen geführt hat, ist vorbei. Die Wahl ist entschieden. Die Frage, wer der stärkere Regierungspartner ist, ist beantwortet. Der Ministerpräsident ist die Nummer eins, ich bin sein Stellvertreter. Wir haben nur eine Chance, wenn wir eng zusammenarbeiten. Aus meiner Sicht besteht ein tragfähiges Vertrauensverhältnis.

Stört Sie die Strategie Platzecks, der 2009 die absolute Mehrheit erringen will?

Die SPD lag vor zehn Jahren bei 54 Prozent, jetzt sind es noch 32. Wenn man dort jetzt von absoluter Mehrheit träumt, kann ich nur sagen: Auf Wiedersehen im Fantasia-Land! Offensichtlich geht die SPD davon aus, dass die CDU die Bundestagswahlen 2006 gewinnt.

Sie haben sich oft in die Bundespolitik eingemischt, was die SPD verstimmte. Werden Sie sich zurücknehmen?

SPD und CDU sind zwei unterschiedliche Parteien, die sich auf gemeinsame Regierungsziele für Brandenburg verständigt haben. Ich werde mich aber weiter zu bundespolitischen Themen äußern, die mir wichtig sind. Ich sehe aber nicht mehr so große Reibungspunkte wie früher.

Was unterscheidet die neue von der alten Koalitionsvereinbarung?

Der Geist ist ein anderer. Die Vereinbarung von 1999 setzte stark auf staatliche Maßnahmen zur Wirtschaftsförderung und im zweiten Arbeitsmarkt, die neue auf Wachstum und Wettbewerb, auf Leistung und Eigenverantwortung.

Ist die SPD unter Platzeck eine andere?

Sie hat sich von der Staatsgläubigkeit verabschiedet, wie sie Manfred Stolpe und Regine Hildebrandt repräsentiert haben.

Sie waren bislang Verfechter einer zügigen Fusion mit Berlin. Ist es klug, den bisherigen Zeitplan mit der Volksabstimmung 2006 aufzugeben?

Auch die neue Koalition ist für ein gemeinsames Land. Vorher müssen die Finanzen beider Länder geklärt sein und die Stimmung in Brandenburg muss sich wandeln. Das wird bis 2006 nicht der Fall sein. Ganz klar: Wenn sich ein Fenster für eine Fusionsmöglichkeit öffnet, muss man diese entschlossen nutzen.

In der CDU waren die personellen Neubesetzungen von Turbulenzen begleitet. Was lief schief?

Die Turbulenzen waren hausgemacht. Wenn interne Gespräche in Zeitungen nachzulesen sind, ist das nicht in Ordnung. Wir müssen Schwatzhaftigkeit und Mitteilungsbedürfnis mehr kontrollieren. Wer sich nicht an Regeln hält, ist bei solchen Gesprächen nicht mehr dabei. Die Geschwätzigkeit muss aufhören.

Dass die bisherige Fraktionschefin Beate Blechinger Justizministerin wird, ist für viele eine Versorgungslösung?

Der Vorwurf ist falsch. Im Justizministerium wollten wir eine Lösung, die das Ressort in ruhigem Fahrwasser hält und die diskutierten Spannungen in der Justiz beseitigt. Da haben sich Fronten aufgebaut, muss Vertrauen zurückgewonnen werden. Deshalb diese Lösung.

Trotzdem wird die fehlende juristische Qualifikation Blechingers bemängelt…

Ironisch formuliert: Ein Gesundheitsminister muss auch nicht Arzt sein. Die Aufgabe eines Ministers ist die politische Führung, das Setzen der Akzente, nach außen und ins Haus. Im Justizministerium gibt es viele qualifizierte Juristen. Allerdings wird wichtig sein, dass Frau Blechinger als Staatssekretär einen exzellenten Juristen hat, der das Vertrauen der Justiz und der Ministerin besitzt.

Was wird aus Ihrer Vorgängerin Barbara Richstein?

Frau Richstein ist für die Brandenburger Union unverzichtbar. Sie ist eine junge, begabte Politikerin. Sie hat ihren Wahlkreis gewonnen und gehört weiter der Fraktion an. Mein Wunsch ist, dass sie in der Fraktion eine wichtige Funktion übernimmt.

In der SPD sorgen sich manche, dass Sie demnächst von der politischen Bühne abtreten könnten, und man dann einen unberechenbaren Koalitionspartner hat?

Da können alle ganz beruhigt sein. Ich werde 2005 noch einmal als Landesvorsitzender kandidieren. Außerdem ist die CDU nicht mehr die von vor 1999. Wenn ich irgendwann einmal aufhöre, wird es einen neuen Vorsitzenden, einen Mann oder eine Frau, mit einer starken Mannschaft geben. Die bauen wir jetzt auf.

Sie sind 67 und wollen bis 2009 weitermachen?

Denkbar ist es, wenn der liebe Gott es will.

Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner

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