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Düster. In Griechenland sorgen sich Investoren vor Neuwahlen - die Renditen der Staatspapiere sind deutlich gefallen.

© dpa

Anleger suchen sichere Häfen: Bloß keine Anleihen

Bundesanleihen waren 2014 eine gesuchte Anlageform für verunsicherte Investoren. Doch Experten raten davon ab, auch in diesem Jahr Staatspapiere zu kaufen.

Im vergangenen Jahr konnten sich Anleger glücklich schätzen, die trotz aller Warnungen Geld in Staatsanleihen gesteckt hatten. Wer zum Beispiel vor zwölf Monaten eine zehnjährige deutsche Bundesanleihe gekauft hat, kann nun etwa 15 Prozent Rendite einstreichen. Damit schneiden die Staatspapiere deutlich besser ab als Aktien. Denn beim deutschen Leitindex Dax waren im vergangenen Jahr kaum Gewinne drin. Auch jetzt heißt es wieder: 2015 wird ein schlechtes Jahr für Staatsanleihen, Hände weg. Doch diesmal könnten die Prognosen tatsächlich zutreffen.

„Der Tiefpunkt bei den Renditen dürfte bald erreicht sein“, sagt Christoph Balz, Volkswirt bei der Commerzbank und Spezialist für Staatsanleihen. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde zwar schon auf ihrer nächsten Sitzung am 22. Januar ein massives Kaufprogramm starten, um gegen eine Deflation in der Euro-Zone vorzugehen. Doch zeige die Erfahrung aus den USA, dass „die Musik für die Anleger gespielt ist“, wenn die Pläne einmal auf dem Tisch liegen, sagt Balz. Es gelte der Grundsatz „buy on rumours, sell on news“ – also „kaufe bei Gerüchten und verkaufe, wenn die Nachricht raus ist“. Für die Anleger bedeute das: „Der beste Zeitpunkt zum Verkaufen ist nicht mehr fern.“ Gut möglich sei, dass die Renditen noch etwas weiter nachgeben würden, um dann kurz nach Bekanntgabe eines Kaufprogramms wieder zu steigen. Die Kurse wiederum würden dann fallen.

DEUTSCHLAND

Nur noch 0,51 Prozent muss der deutsche Staat derzeit pro Jahr hinblättern, will er sich für zehn Jahre Geld leihen. Am Dienstag war die Rendite zeitweise sogar auf 0,45 Prozent gesunken. Für die Bürger war das bisher eine Win-Win-Situation: Als Steuerbürger profitierten sie davon, dass die Staatsverschuldung wegen der extrem niedrigen Zinslast real nicht steigt – als Anleger konnten sie sich in den vergangenen Monaten über die massiv gestiegenen Kurse freuen. Denn je weiter die Rendite neu ausgegebener Papiere sinkt, desto teurer können ältere Papiere verkauft werden.

Ein Beispiel: Wer vor einem knappen Jahr die neue zehnjährige deutsche Staatsanleihe (WKN 110233) zu 100 Euro je Stück gezeichnet und sich mit dem Zinskupon von 1,75 Prozent begnügt hatte, den Deutschland Ende Januar 2014 seinen Investoren noch zahlen musste, hat das Papier heute mit einem Kurs von 112,1 Euro im Depot. Er hat also binnen elf Monaten etwa 14 Prozent Plus gemacht, vor Kosten und Steuern. Da der Kurs so stark gestiegen ist und Neukäufer nun 112 Euro zahlen müssen, liegt deren Rendite inzwischen nur noch bei 0,383 Prozent pro Jahr. Wenn sich Vater Staat kommende Woche, am 14. Januar, das nächste Mal für zehn Jahre Geld bei den Anlegern leiht, wird er wohl kaum mehr als 0,5 Prozent pro Jahr zahlen müssen.

FRANKREICH, SPANIEN, PORTUGAL

Auch in anderen Ländern der Euro-Zone dümpeln die Renditen vor sich hin: Investoren haben sich im Vorfeld des EZB-Entscheids kräftig mit Staatsanleihen eingedeckt und etwa die Renditen zehnjähriger Anleihen in Frankreich auf 0,75 Prozent gedeckelt. Mit einer portugiesischen Staatsanleihe ließ sich in den vergangenen zwölf Monaten sogar rund 30 Prozent verdienen: zusätzlich zu einem Zinskupon von 5,65 Prozent durften sich Anleger etwa bei der 2013 emittierten und bis 2024 laufenden Anleihe (WKN A1HKUP) über ein Kursplus von rund 25 Prozent freuen. Die Rendite wurde dadurch auf 2,55 Prozent eingedampft. Spanische Papiere mit zehn Jahren Laufzeit werfen nur noch 1,6 Prozent ab, niederländische 0,57 und italienische 1,85 Prozent. Ende 2013 musste Italien noch etwa 4,2 Prozent hinblättern, um für zehn Jahre Geld aufzunehmen.

GRIECHENLAND

Die neuen Diskussionen um einen möglichen Ausstieg Athens aus der Euro-Zone haben die Renditen griechischer Papiere zuletzt erneut in schwindelnde Höhen getrieben: Für zehnjährige Schulden des griechischen Staates verlangen Anleger inzwischen wieder 9,67 Prozent, das sind 2,45 Prozentpunkte mehr als vor einem Monat. Die Kurse sind spiegelbildlich zu den steigenden Renditen deutlich gefallen. Sorge haben die Investoren vor allem wegen der am 25. Januar anstehenden Parlamentsneuwahlen. Umfragen zufolge liegt die linksgerichtete Partei Syriza in der Wählergunst vorne und will im Erfolgsfall das von den europäischen Geldgebern verordnete Sparprogramm nicht weiter bedienen.

Dies würde auf einen neuerlichen Schuldenschnitt und Verluste für zahlreiche Anleger und Banken hinauslaufen – möglicherweise sogar auf ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone. Dann jedoch müsste Athen seine neue Währung abwerten und hätte kaum noch Möglichkeiten, teure Euro-Schulden zu begleichen. Die meisten Analysten glauben jedoch nicht an einen solchen „Grexit“. Die Chance dafür liege bei maximal 25 Prozent, sagt etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

DIE EZB

Unklar ist zudem bisher noch, wie die Käufe von Staatsanleihen durch die EZB in die Tat umgesetzt werden könnten. Manche glauben, die Notenbank werde einfach nach dem Kapitalanteil der einzelnen Länder zukaufen und damit zu etwa einem Viertel deutsche Papiere. Allerdings kursieren auch Gerüchte, wonach die EZB vorrangig Bonds jener Länder kaufen werde, die die niedrigsten Renditen aufweisen und damit am liebsten als Parkplatz für sicherheitsorientierte Anleger genutzt werden. Die Papiere kämen dann vor allem aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden.

Über negative Renditen wolle die EZB die Investoren zwingen, zu verkaufen und das Geld anderweitig anzulegen, um damit Investitionen zu fördern und höhere Inflation zu erzeugen. Würden Anleger aus dem Dollar-Raum aus den Papieren gezwungen und damit der Euro weiter gedrückt, verteuere das Importe in die Euro-Zone und importiere damit gleichzeitig Inflation, sagt Balz. Der Volkswirt hält es für denkbar, dass die EZB gar nicht selbst kauft, sondern dies den einzelnen nationalen Notenbanken wie der Bundesbank überlässt – um Kritik zu dämpfen und die Frage der Haftung klarer zuzuordnen.

Für den Anleger indes macht dies kaum einen Unterschied. In einem viele Billionen Euro schweren Markt würden auch milliardenschwere Käufe weniger bewirken als erwartet, heißt es auch bei der Deutschen Dank. Für Anleger bedeutet das also: Kasse machen.

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