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Wirtschaft: Auf dem Arbeitsmarkt wird es frostig Zahl der Jobsuchenden steigt weiter /Berlin macht eine Ausnahme – dank Ich-AGs und Ein-Euro-Jobs

Berlin - Der Arbeitsmarkt in Deutschland bleibt in der Krise. Im November ist ist die Arbeitslosigkeit weiter gestiegen.

Berlin - Der Arbeitsmarkt in Deutschland bleibt in der Krise. Im November ist ist die Arbeitslosigkeit weiter gestiegen. Die Arbeitslosenquote legte – im Vergleich zum Vorjahresmonat – um 0,3 Prozentpunkte auf 10,3 Prozent zu, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag in Nürnberg mitteilte. Etwas gemildert wurde der Anstieg nach Angaben der Behörde durch statistische Effekte, sonst hätte er bei 0,6 Prozent gelegen. BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise sagte, das Wachstum der Wirtschaft reiche noch nicht aus, um dem Arbeitsmarkt neue Impulse zu geben. Gegen den Trend sank die Arbeitslosigkeit in Berlin. Das sei allerdings allein auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zurückzuführen, sagte ein Sprecher der Berliner Regionaldirektion der BA.

In den Novemberzahlen spiegelt sich auch die übliche Winterarbeitslosigkeit wider. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wollte den Anstieg deshalb nicht als negatives Signal werten. Firmen entließen häufig im Winter Mitarbeiter und stellten sie später wieder an. Pro Jahr gehe es dabei um eine halbe Million Beschäftigte. Clement zeigte sich für das kommende Jahr zuversichtlich, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe positive Effekte haben werde. Die Änderungen werden zunächst aus statistischen Gründen zu steigenden Arbeitslosenzahlen führen. Im Lauf des Winters werden bis zu fünf Millionen Arbeitssuchende erwartet.

Im November ist die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahresmonat insgesamt um 73 700 auf rund 4,26 Millionen gestiegen, im Vorgleich zum vergangenen Oktober um 50 800. Saisonbereinigt – also unter Herausrechnen von jahreszeitlich bedingten Schwankungen – lag die Zahl bei 4,464 Millionen. Hier war der Anstieg wesentlich geringer als bei den unbereinigten Werten. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Menschen seit vergangenem Jahr erhöht, die in Arbeit sind. Allerdings gab es keinen Zuwachs bei sozialversicherungspflichtigen Jobs, sondern vor allem bei Selbstständigen und den so genannten Minijobs.

Diesen Maßnahmen verdankt auch Berlin einen Rückgang seiner Arbeitslosenquote von 17,3 Prozent im November 2003 auf jetzt 16,7 Prozent. Ein Sprecher der Berliner BA sagte, es gebe heute im Vergleich zum Vorjahr weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Außerdem ist die Zahl der offenen Stellen, die bei der BA gemeldet sind, wie in ganz Deutschland stark zurückgegangen. „Das zeigt, welche wirtschaftliche Entwicklung in Berlin fehlt“, sagte der Sprecher. Die positive Tendenz werde derzeit „allein getragen durch arbeitsmarktpolitische Instrumente“. So gebe es zurzeit 13488 Ich-AGs und bereits 7652 so genannte Ein-Euro-Jobs. In Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen seien immer noch 12700 Menschen tätig. Weshalb Berliner bei Ich-AGs und Ein-Euro-Jobs so aktiv seien, sei nur schwer abzuschätzen. Sicherlich dürfte aber eine Rolle spielen, dass viele den Eindruck hätten, in der nächsten Zeit keine Anstellung finden zu können. Deshalb werde die Selbstständigkeit oft als bester Weg aus der Arbeitslosigkeit gesehen, während in Flächenstaaten wie Baden-Württemberg größere Chancen auf einen sozialversicherungspflichtigen Job bestünden.

Besonders starke Einschnitte in den vergangenen zwölf Monaten musste Berlin bei den Beschäftigten in der Industrie, im Handel und der öffentlichen Verwaltung hinnehmen. Dagegen stieg die Zahl im Gastgewerbe, im Bildungsbereich und im Wohnungswesen stark an. Wie Berlin konnten nur Thüringen und Hamburg einen Rückgang der Arbeitslosenzahl verzeichen. In allen anderen Ländern wurden mehr Arbeitslose gemeldet. Besonders betroffen ist der Westen.

Der Streit über den Verwaltungsratschef der BA, Peter Clever, schwelte am Donnerstag weiter. Nach seiner Kritik an den Vermittlungsaktivitäten der BA forderte Clement den Arbeitgebervertreter Clever indirekt zum Rücktritt auf. Jedes Mitglied einer Konzernspitze, das sich öffentlich über sein Unternehmen auslasse, müsse sofort gehen. Arbeitgeberchef Dieter Hundt warf der Regierung vor, „Kritiker mundtot machen zu wollen“. Auch Union und FDP stellten sich hinter den Verwaltungsratschef.

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