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Wirtschaft: Auf dem Ölmarkt wird mit harten Bandagen gekämpft

Der Preispoker hält an / Opec-Staaten steuern gegen / Abkommen über gedrosselte Fördermengen soll morgen besiegelt werdenVON VANESSA LIERTZInzwischen starrt mancher Autofahrer beinahe so gebannt auf die Ölpreise wie ein wöchentlicher Tipper auf die Lottoergebnisse.Denn der Preis für den wichtigsten Rohstoff der Welt ist ein unsicherer Kandidat.

Der Preispoker hält an / Opec-Staaten steuern gegen / Abkommen über gedrosselte Fördermengen soll morgen besiegelt werdenVON VANESSA LIERTZInzwischen starrt mancher Autofahrer beinahe so gebannt auf die Ölpreise wie ein wöchentlicher Tipper auf die Lottoergebnisse.Denn der Preis für den wichtigsten Rohstoff der Welt ist ein unsicherer Kandidat.Immerhin kostete ein Barrel (159 Liter) Mineralöl der Marke Arabian Light im vergangenen Dezember über 18 Dollar, Anfang März rutschte der Preis dann auf neun Dollar ab, um dann bis zum Ende dieser Woche wieder auf über 13 Dollar zu klettern.Die Preiserosion hatten die mächtigsten Ölförderländer der Welt ausgelöst, die Opec-Staaten. Eines steht zumindest fest: Der Name Ölkartell ist schon längst eine Farce, denn den Preis diktiert die Opec nicht.Kein Opec-Land hält sich an die gemeinsamen Beschlüsse, wieviel Öl täglich zu fördern und zu verkaufen sei.Der böseste Bube ist ausgerechnet Opec-Gründungsmitglied Venezuela, der die Förderquoten sehr locker nimmt.Das ist verständlich: Wenn ein hoch verschuldeter Staat die Erdölmengen selbst kontrolliert, ist für ihn die Versuchung, doch ein bißchen mehr zu produzieren, ebenso groß wie für eine Regierung in einem Land ohne unabhängige Zentralbank, die Gelddruckmaschine einfach etwas länger laufen zu lassen.Sanktionen gibt es nicht.Und so hatten die Opec-Mitgliedsstaaten im November beschlossen, das Angebotslimit einfach zu erhöhen, und zwar um zehn Prozent auf 27,5 Mill.Barrel pro Tag.Doch schon im Februar produzierten die Opec-Länder 28,8 Mill.Barrel pro Tag und lagen erneut über der Obergrenze.Die Preise purzelten.Schließlich rafften sich einige Opec-Mitglieder, unter ihnen Venezuela und Saudi-Arabien, zu einem Gespräch auf und vereinbarten am vergangenen Wochenende, die Ölfördermenge zu drosseln.Das wollen sie am morgigen Montag in Wien besiegeln. Als dies bekannt wurde, kletterte der Preis.Wird er weiter steigen? Schon die kurzfristige Antwort ist schwer.Denn Öl ist eine hochspekulative Angelegenheit.So sind nach Einschätzung von Alexander Geck, Pressesprecher der Exxon, 90 Prozent aller Ölhändler Spekulanten.Daher genügen oft nur Vermutungen, und der Preis rutscht ab oder schnellt nach oben.Kurzfristig ist natürlich entscheidend, ob die Opec sich jetzt auf ein gemeinsames Angebotslimit einigt und ob sich alle daran halten - auch Länder, die nicht zur Opec gehören.Das bedeutende Förderland Mexiko beispielsweise ist entschlossen, mit den Opec-Staaten zu kooperieren - Norwegen aber nicht.Wenige sind daher davon überzeugt, daß den Ölförderländern der große Coup gelingen wird. Bisher ist es der Opec nur auf dem Höhepunkt ihrer Macht gelungen, die Mineralölpreise zu diktieren: nach dem Kriegsausbruch im Nahen Osten im Jahr 1973, als sie die Preise drastisch nach oben setzte.Der Preis für ein Barrel Mineralöl, das 1960 - im Gründungsjahr der Opec - noch weniger als 1,80 Dollar kostete, explodierte während der beiden Krisen 1973/74 und 1979/80 und erreichte mehr als 36 Dollar.Zehn Jahre lang lag er bei 28 Dollar.Doch dieses Ölpreisdiktakt rächte sich.Die Weltwirtschaft geriet in eine Krise, und die Nachfrage nach Rohöl sank.Zugleich begannen andere, nach dem flüssigen Gold zu suchen, und wurden fündig: in der Nordsee, in Alaska und in Mexiko.Damit verlor die Opec ihre dominierende Stellung, und der Preis sackte unter 20 Dollar. Wer aber damals prophezeit hatte, die Opec würde an den Ölpreiskrisen zerbrechen, lag daneben.Heute zumindest sind Experten überzeugt, daß ihre Macht langfristig erstarken wird.Der Ansicht ist auch Alexander Geck.Große Mengen der Erdölreserven würden in den Opec-Staaten schlummern.Darum glaubt Geck, werde der Ölpreis auch "langfristig wieder steigen".Nur wann? Auf lange Sicht wird es schließlich auf dieser Erde auch kein Rohöl mehr geben.Wann der Rohstoff deswegen teurer wird, darüber haben Ölpreispropheten sich schon seit längerem den Kopf zerbrochen - und sich bisweilen mächtig geirrt.So prognostizierten Wissenschaftler in den 70er Jahren, daß die Erdölpreise Anfang der 80er Jahre in die Höhe schnellen würden.Zu unrecht. Nicht nur das Ölangebot, auch die Nachfrage nach Öl birgt noch Überaschungen: Eine weitere Asienkrise vielleicht oder viele milde Winter können den Preis entscheidend verändern.Womöglich erhöhen auch verschiedene Regierungen ihre Mineralölsteuern und veranlassen so manchen dazu, lieber mit Gas zu heizen oder auf das Fahrrad umzusteigen.Das sieht Geck jedoch anders.Immerhin habe der Benzinpreis in der Vergangenheit das Fahrverhalten des Autofahrers kaum beeinflußt. Freilich, vorläufig herrscht auf dem Mineralölmarkt ein Überangebot.Falls die Opec mit ihrem Wettlauf um Marktanteile weitermacht und auch sonst nichts Außergewöhnliches geschieht - eine Krise im Irak etwa - wird der Erdölpreis in nächster Zeit wohl wieder fallen.Bedauerlich für den Autofahrer ist aber, daß die meisten Tankstellen längerfristige Verträge mit den Mineralölhändlern abschließen und die Preise für Benzin nicht selber festlegen dürfen. Die OpecDie Organization of Petroleum Exporting Countries (Opec) in Wien ist eine Vereinigung zur Koordinierung der Erdölpolitik ihrer Mitgliedsländer und gilt als das bekannteste Rohstoffkartell.Vor 38 Jahren gründeten Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela die Opec, um mit ihr die Weltölproduktion und damit den Preis zu kontrollieren.Inzwischen gehören der Opec sechs weitere Staaten an: Algerien, Indonesien, Katar, Libyen, Nigeria und die Vereinigten Arabischen Emirate.Heute befinden sich in diesen Ländern drei Viertel der weltweit nachgewiesenen Ölreserven, und die Opec bestreitet 40 Prozent der Weltproduktion. Die Initiative, eine solche Organisation zu gründen, war ursprünglich von Venezuela ausgegangen.Schon vor dem Jahr 1960 hatten die arabischen Länder versucht, die Erdölpolitik innerhalb der Arabischen Liga zu vereinheitlichen.Der Gründung der Opec waren dann zwei Preissenkungen der internationalen Erdölkonzerne vorausgegangen - in den Jahren 1959 und 1960 -, die den Förderländern erhebliche Einnahmeverluste eingebrockt hatten.Darum handelte man. Wichtigstes Organ der Opec ist die zweimal jährlich tagende Konferenz der Erdölminister.Sie entscheidet über die politischen Richtlinien nach dem Grundsatz der Einstimmigkeit und des - formal - gleichen Stimmrechts.

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