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EZB-Mario Draghi erklärt den Kauf neuer Staatsanleihen durch die Notenbank.

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Update

Aufkauf von Anleihen durch EZB: Draghi enttäuscht hohe Erwartungen der Börse

Wird die Europäische Zentralbank den umstrittenen Kauf von Staatsanleihen wieder aufnehmen? Im Vorfeld einer EZB-Sitzung wurde über diese Frage heftig spekuliert. Nun gibt EZP-Präsident Mario Draghi eine Antwort. Doch Börsianer sind enttäuscht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will nach eigenen Angaben in den nächsten Wochen womöglich erneut Anleihen kriselnder Euro-Staaten aufkaufen. Maßnahmen gegen die Euro-Schuldenkrise wie diese würden „in den kommenden Wochen diskutiert“, sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt am Main während einer Pressekonferenz. Bereits in den vergangenen Tagen war spekuliert worden, die EZB könne das Programm erneut auflegen, um Druck von Krisenländern wie Spanien zu nehmen.

Der Dax drehte nach Draghis Äußerungen deutlich ins Minus. Zuletzt verlor er 1,86 Prozent auf 6629 Punkte. Der MDax sank um 1,65 Prozent auf 10 712 Punkte, und der TecDax gab um 1,12 Prozent auf 774 Punkte nach. Auch der Euro fiel von 1,24 US-Dollar unter 1,22 Dollar zurück.

Einem Börsianer zufolge enttäuschte EZB-Präsident Mario Draghi vor allem mit seinen Andeutungen zum Eingreifen der EZB in der Euro-Schuldenkrise, die zeitlich nicht konkret genug gewesen seien. Ein andere sagte: „Nach der starken Erholungsrallye seit Mitte vergangener Woche wollte der Markt etwas anderes hören, als dass in den kommenden Wochen die Modalitäten festgelegt werden sollen.“ Die Erwartungen seien nach den Euro-stützenden Kommentaren sehr hoch gewesen, und bislang habe Draghi nicht geliefert.

Der Rat der EZB beschloss darüber hinaus, den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent zu belassen. Obwohl die Schuldenkrise zuletzt eskaliert war, hatten die wenigsten Volkswirte so rasch nach der historischen Zinssenkung von Anfang Juli mit einem erneuten Zinsschritt gerechnet. Geld in Europa ist derzeit schon so günstig wie nie seit der Euro-Einführung 1999 - zumindest für die Banken.

Die Erwartung, dass die EZB Anleihen von Spanien und Italien kaufen könnte, wurde von Notenbank-Präsident Mario Draghi selbst geschürt. Der Italiener hatte vor einer Woche in London gesagt: „Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir - es wird ausreichen.“

Als denkbar gilt eine gemeinsame Aktion von EZB und dem Euro-Rettungsfonds EFSF beziehungsweise dessen Nachfolger ESM. Die EZB darf Bonds nur auf dem Sekundärmarkt erwerben, also etwa von Banken. Die Rettungsfonds könnten Anleihen direkt von Staaten kaufen.

Doch gegen erneute Staatsanleihenkäufe der EZB formiert sich Widerstand. Nach Informationen der italienischen Zeitung „La Repubblica“ stemmen sich mindestens 7 der 23 Ratsmitglieder gegen radikale Maßnahmen.

Vor allem die Bundesbank hält wenig von Bond-Käufen allein durch die EZB. Die Regierungen der Krisenstaaten müssen dafür nicht im Gegenzug wirtschaftliche Reformen einleiten und den Haushalt sanieren. Wäre künftig auch der ESM beteiligt, müsste jedes Land dagegen zunächst einen offiziellen Hilfsantrag stellen, der an die Erfüllung von Auflagen geknüpft wäre und dem auch der Bundestag zustimmen müsste.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) befürwortet dagegen einen Kauf von Staatsanleihen durch die Zentralbank. „Es ist richtig, dass man in einer solchen Notfallsituation auch daran denkt, dass die EZB ihre Staatsanleihenkäufe wieder aufnimmt“, sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer im ARD-„Morgenmagazin“. Das dürfe aber kein Dauerzustand werden, sonst entstehe Inflationsdruck.

„Die EZB kauft sich damit nur Zeit, das ist keine Lösung der Krise“, sagte Kemmer. Die EZB hatte in der Vergangenheit bereits über 200 Milliarden Euro in Bonds kriselnder Euroländer investiert. Die Käufe ruhen seit dem Frühjahr.

(dpa/dapd)

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