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Berliner Wirtschaft: Der unauffällige Mäzen

Günter Braun feiert heute seinen 80. Geburtstag

Die Frage kann auch nur ihm einfallen, und sie ist ja auch Ausdruck der ungewöhnlichen Persönlichkeit des Mäzens Günter Braun: Wer hat mehr Anlass zur Dankbarkeit – der Förderer oder der Geförderte? Er hat sie eindeutig beantwortet mit dem Hinweis auf die Bereicherung des eigenen Lebens, die das Fördern und Unterstützen ihm – und, immer dabei, seiner Frau Waldtraud – verschafft hat. Die Juristen kennen die Beweislast-Umkehr, Braun, der an diesem Mittwoch 80 Jahre alt wird, hat die Dankverpflichtungs-Umkehr erfunden. Sie heißt: „Fördern ist leichter als gefördert werden; Unterstützen ist leichter als sich unterstützen zu lassen; und helfen ist viel einfacher als auf Hilfe angewiesen zu sein“. Bleibt die Frage, weshalb so viele in unserer Gesellschaft, die es auch könnten, auf die Chance verzichten, ihr Leben reicher zu machen. Auch sie hat Braun aufgeworfen – durch sein eigenes Wirken.

Das liegt nicht an Eitelkeit und Geltungsbedürfnis und nicht einmal am ehrenwerten Bedürfnis, sich ein Denkmal zu setzen. Es erwächst aus der Anteilnahme und dem bewussten Mitleben mit dem Leben der Stadt. Weshalb das mäzenatische Werk der Brauns unauffällig daherkommt. Umso mehr überrascht, wo überall Braun drinsteckt: in Katalogen junger Künstler ebenso wie in der Begründung des James-Simon-Preises; in der Klein-Glienicker-Kapelle wie in der Versöhnungskirche an der Bernauer Strauße ; in Gastprofessuren für osteuropäische Kunsthistoriker wie in vielen Publikationen, vom Führer zu den Gedenkstätten für den NS-Terror bis zu den „Bildern der Bibel“ in der Kunstgeschichte.

Täuscht man sich nicht, so ist es nac hgerade ein Lust an der fördernden Teilhabe am Gemeinwesen, der Günter Braun fröhnt. Er lebt Bürgersinn vor und ist selbst der Fall eines bürgerlichen Charakters: Im Auftreten bestimmt und nüchtern, als Typus ernsthaft, im Temperament diskret, doch eifrig als Kulturkonsument. Die wichtige Rolle gehört dazu, die Günter Braun im Berliner Wirtschaftsleben gespielt hat. Über zwei Jahrzehnte, zwischen 1969 und 1990, war er Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, also in Zeiten, in denen die stadt nicht zuletzt wirtschaftlich gefährdet war: eine Institution und Instanz, die Maßstäbe setzte und als „Gewissen der Berliner Wirtschaft“ empfunden wurde. Jeder Regierende Bürgermeister, sagt Richard von Weizsäcker, der weiß, wovon er redet, hätte ihn gern im Senat gehabt.

Weiß die Stadt das? Doch, sie weiß es. Sie hat Günter Braun mit der Ernst-Reuter-Plakette und dem Landesverdienstorden ausgezeichnet. Aber seit langem liegt ein resignativer Vermerk im Rathaus: eine wirkliche Würdigung Brauns sei „mit den zur Zeit vorhandenen Auszeichnungsmöglichkeiten Berlins nicht realisierbar“. Hermann Rudolph

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