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Landeseigene Grundstücke: Das Tafelsilber wird knapp

Der Liegenschaftsfonds verkauft landeseigene Grundstücke. Firmen haben keine große Auswahl mehr.

Der Berliner Liegenschaftsfonds wird langsam zum Opfer des eigenen Erfolgs. Immer seltener kann Geschäftsführer Holger Lippmann spektakuläre Verkäufe großer Landesimmobilien vermelden, denn das Tafelsilber der Stadt ist seit 2001 schon weitgehend veräußert worden. „Das Portfolio wird kleiner und die Qualität der Objekte komplizierter“, sagt Sprecherin Irina Dähne. Typische Käufer seien kaum noch große Investoren, sondern Privatleute, die Häuser oder Grundstücke für den Eigenbedarf erwerben. Die Preise liegen meist unter 100 000 Euro. Trotzdem spielt der landeseigene Fonds bis heute auch eine wichtige Rolle für den Industriestandort.

Für die Wirtschaftsfördergesellschaft Berlin Partner, die bei Firmenansiedlungen hilft, ist es laut Sprecher Christoph Lang „eine große Erleichterung, einen zentralen professionellen Ansprechpartner zu haben und nicht durch die Bezirke tingeln zu müssen“. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) lobt die „Transparenz und kürzere Wege für Unternehmen“. Früher waren die Bezirke zuständig. FDP-Wirtschaftsexperte Volker Thiel vermisst bis heute eine Gesamtübersicht aller nicht mehr benötigten Grundstücke; dieses Kataster sei aber in Arbeit.

Berlin Partner lobt die gute Zusammenarbeit mit dem Fonds, wünscht sich jedoch von den politischen Entscheidungsträgern ein „flexibleres Haushaltsrecht“, um „strategisch wichtigen Unternehmen finanziell entgegenkommen zu können“. Bisher erhält in der Regel der Meistbietende den Zuschlag, selbst wenn jemand anderes mehr Arbeitsplätze schaffen will.

Die Grünen verlangen, landeseigene Grundstücke und Gebäude „für die nachhaltige Entwicklung der Stadt einzusetzen“, statt sie „um jeden Preis zu verkaufen“. So steht es in einem Antrag, der am heutigen Mittwoch in den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses eingebracht und dann im Unterausschuss Vermögen diskutiert werden soll. Der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser fordert ein „Vorratsvermögen“ aus Immobilien, das es Senat und Bezirken erlaube, flexibel auf wechselnden Bedarf zu reagieren. Schließlich könnten „Bezirke, in denen heute Kitas und Schulen geschlossen werden, morgen einen Babyboom erleben“.

Klaus-Dieter Gröhler (CDU), Baustadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf, kritisiert: „Berlin sollte Grundstücke nicht nur vermarkten, um Haushaltslöcher zu stopfen.“ Anteile der Erlöse müssten genutzt werden, um „Grundstücke, die wir brauchen, zu erwerben“. Dies sei den Bezirken aber untersagt, falls nicht das Abgeordnetenhaus zustimme. Gröhler bezweifelt, dass alle Firmen den Liegenschaftsfonds bevorzugen: „Investoren wollten oft lieber mit dem Grundstücksamt reden, da gab es einen kurzen Draht.“

Ephraim Gothe (SPD), Stadtrat für Stadtentwicklung in Mitte, weist auf die Beteiligung der Bezirke im Steuerungsausschuss des Fonds hin. Dadurch gelinge es nicht selten, städtische Interessen festzuschreiben – aktuell etwa einen hohen Wohnanteil beim geplanten Verkauf eines Häuserblocks in der Friedrichstadt. Ex-Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) habe meist „die vorbehaltlose Veräußerung forciert“, dies ändere sich hoffentlich unter dem neuen Finanzsenator Ulrich Nussbaum (parteilos, für SPD). Die beste Lösung wäre laut Gothe, wenn die Stadtentwicklungsverwaltung über dem Liegenschaftsfonds stünde.

Es müsse die Chance geben, „Grundstücke bei Bedarf zurückzubekommen“, sagt Uwe Stäglin, SPD-Baustadtrat in Steglitz-Zehlendorf. Das Verhältnis zum Fonds sei „konstruktiv“. Nur habe der Bezirk manchmal deutlich machen müssen, dass „wir keine Einzelhandelsdiscounter auf Landesgrundstücken wollen“.

In einigen Bezirken stoppten Künstler und soziale Projekte den Verkauf ihrer Grundstücke durch Proteste. Der Wirtschaft nutzen Areale aus dem Landesvermögen, zum Beispiel entstand so das Möbelhaus „Möbel Kraft“ in Schöneberg. Der Solarmodulhersteller Inventux erwarb für seine Ende 2008 eröffnete Fabrik ein Gelände in Marzahn, während Silicon Sensor seine Sensorenfabrik in Oberschöneweide baute. Seit längerem ist der Liegenschaftsfonds an der Entwicklung des Gesundheitszentrums Campus Berlin-Buch beteiligt. Und das alte Robert-Koch-Forum an der Dorotheenstraße in Mitte ging gerade an die britische Arcadia-Stiftung, die ein „University College“ plant.

Unverkauft blieben alte Markthallen in Moabit und Kreuzberg. Nur für die Eisenbahn-Markthalle gebe es „einen ernstzunehmenden Interessenten“, sagt Irina Dähne vom Liegenschaftsfonds. Über die Genehmigung eines „Themenparks“ auf dem Areal des einstigen Spreeparks im Plänterwald verhandele ein Interessent gerade intensiv mit dem Bezirk .

Mitunter macht die Politik dem Fonds einen Strich durch die Rechnung: In Absprache mit der Messe Berlin und mit grundsätzlicher Zustimmung des Parlaments hatte man ein Areal am Hammarskjöldplatz für ein Hotelhochhaus verkauft. Später wuchs der politische Widerstand. Der Vertrag wird nun zu Lasten des spanischen Investors aufgelöst. „So etwas ist nicht gut für das wirtschaftspolitische Ansehen Berlins“, sagt Fritz Felgentreu, stellvertretender SPD-Fraktionschef und Aufsichtsratsmitglied beim Liegenschaftsfonds. Das sei allerdings nicht die Schuld der Immobilienverwalter.

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