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Berliner Wirtschaft: Zeichen setzen auf der Cebit

USB-Stick mit Funkanschluss, Kamera im Kugelschreiber: Was Berliner Firmen auf der IT-Messe zeigen

Was im Kino eine Zukunftsvision war, ist für Paul Chojecki schon Wirklichkeit: Völlig berührungsfrei, nur durch Bewegungen seiner Hände in der Luft, bedient der Forscher seinen Computer – ähnlich wie Hollywoodstar Tom Cruise im Science-Fiction-Streifen „Minority Report“. Bei Chojecki zeigt ein Projektor Babyfotos auf der Leinwand. Wie diese sich drehen, verschieben, vergrößern und verkleinern lassen, will der Projektleiter des Heinrich-Hertz-Institutes kommende Woche auf der Computermesse Cebit in Hannover erstmals vor einem großen Publikum zeigen. Mit seinen Gesten könnte der Wissenschaftler auch ein Computerspiel steuern oder per „Google Earth“ virtuell über Landschaften fliegen.

„Die Augen des Computers sind Infrarotkameras“, erklärt Chojecki den sogenannten iPoint Presenter. Ein Vorgängermodell, das nur Bewegungen einer Hand erkennt, wird bereits kommerziell genutzt und steuert zum Beispiel einen „Schuhkonfigurator“ in einem Pariser Adidas-Laden. Die neuere Technik erfasse sogar das Spreizen einzelner Finger, sagt Chojecki. Sein Erfinderteam arbeitet in Berlin, denn das auf Nachrichtentechnik spezialisierte Heinrich-Hertz-Institut des Fraunhofer-Instituts residiert am Einsteinufer in Charlottenburg.

Auch andere Aussteller aus Berlin und dem Umland werden auf der Cebit zukunftsweisende und teils futuristisch anmutende Techniken zeigen. Der „digitale Stift“ der Potsdamer aibis Informationssysteme GmbH sieht auf den ersten Blick nur wie ein besonders dicker Kugelschreiber aus, hat es aber in sich: Das Gehäuse beherbergt neben einer Kugelschreibermine auch eine Kamera, Speicher und Mikroprozessor sowie ein „Bluetooth“–Modul für kabellose Übertragungen. Den praktischen Nutzen des Systems namens „SkaiForms“ für Außendienstler hat die Berliner Wohnungsbaugesellschaft Degewo bereits getestet. „Unsere Hausinspektoren sind damit unterwegs“, sagt Degewo-Sprecherin Erika Kröber. Bei Begehungen wird der Zustand von Wohngebäuden auf Formularen protokolliert, die aus normalen Papier bestehen, aber mit einem speziellen Punktraster bedruckt sind. Dann digitalisiert die Infrarotkamera die Einträge, die per Handy sofort an den Degewo-Zentralrechner gesendet werden. Nach einem halbjährigen erfolgreichen Test sind sechs digitale Stifte seit Januar regulär im Einsatz. „Für uns war wichtig, dass sie auch für Otto Normalverbraucher benutzbar sind“, sagt Sprecherin Kröber. Nur handschriftliche Anmerkungen machen Probleme: „Bei der Schrifterkennung gibt es noch eine hohe Fehlerquote.“

Mit einer gewöhnlichen Webcam kommt ein neues Programm des Berliner Softwarehauses Thax Software aus, mit dem Dokumente blitzschnell aufgerufen werden können. Ausdrucke werden dazu mit einem drei Quadratmillimeter kleinen Code markiert. Soll ein Schreiben später überarbeitet oder per E-Mail versandt werden, hält man es einfach kurz vor die Kamera, und die Datei startet mit dem passenden Programm. Langwieriges Suchen in Windows-Menüs und Verzeichnissen entfällt.

Einer der größten Cebit-Aussteller aus Berlin ist der Kommunikationsspezialist AVM GmbH, dessen bekannteste Produkte drahtlose Internet-Zugangsgeräte („Fritz! Box“) sind. Das 1986 gegründete Unternehmen mit Sitz in Alt-Moabit beschäftigt 460 Mitarbeiter, darunter 430 in Berlin. Bei DSL-Endgeräten ist AVM nach eigenen Angaben einer von zwei führenden Anbietern in Europa und Marktführer in Deutschland mit einem Anteil von 50 Prozent; 2007 wurde ein Rekordumsatz erzielt, die Einnahmen stiegen um rund 17 Prozent auf 280 Millionen Euro.

Diesmal wird sich auf dem 250 Quadratmeter großen AVM-Messestand alles um schnellere drahtlose Verbindungen drehen. Sowohl ein neues Modell der Fritz! Box als auch ein USB-Stick und weitere Geräte funken mit der neuen Übertragungsmethode WLAN-N, die deutlich höhere Übertragungsraten ermöglicht. „Die Cebit ist für uns ein absolutes Muss und die wichtigste Messe“, sagt Firmensprecher Urban Bastert. „Seit der ersten Cebit sind wir dort jedes Jahr vertreten, diesmal sind bei uns rund 120 Personen mit dem Messeauftritt beschäftigt.“ Nur der Werbeslogan habe sich verändert, früher habe sich das Unternehmen noch „bärenstark“ genannt und seinen regionalen Ursprung damit mehr betont als heute.

Eine ähnlich große Computermesse in Berlin hielte Bastert für überflüssig: „Die Cebit reicht in diesem Bereich aus.“ An der Internationalen Funkausstellung beteiligt sich AVM nicht: Die Unterhaltungselektronik- Schau unterm Funkturm „hat ja ein ganz anderes Profil“.

Viele IT-Messen und Kongresse in Berlin sind spezialisierter als die Hannoveraner Großveranstaltung. Regelmäßig finden zum Beispiel der „Linuxtag“, die „Call-Center World“ und die Messe „IT-Profits“ statt. Der Berlin-Brandenburger Branchenverband SIBB erwartet 2008 „ein überdurchschnittliches Wachstum“ der IT-Wirtschaft.

Auch die Senatsverwaltung für Wirtschaft lobt die Entwicklung: „Hier entstehen Arbeitsplätze, hier ist Wertschöpfung angesagt und hier wird Innovation ganz groß geschrieben“, sagt Sprecherin Petra Schwarz. Im Bereich Informationstechnik und Telekommunikation gebe es knapp 3800 Berliner Unternehmen mit 40 000 Beschäftigten, die jährlich einen Umsatz von mehr als acht Milliarden Euro erwirtschaften.

Informationen im Internet:

www.cebit.de

www.berlin-partner.de

www.hhi.fraunhofer.de

www.aibis.de

www.thax.de

www.avm.de

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