zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Börsengang der Bahn verliert an Fahrt

Verkehrsminister Tiefensee sucht Einigung mit Fraktionschefs / Spitzentreffen fraglich

Berlin - Eigentlich sollte am heutigen Donnerstag innerhalb der Koalition ein Kompromiss zur Privatisierung der Deutschen Bahn gefunden werden. Doch schon wird in den Fraktionen sogar darüber spekuliert, ob das ganze Projekt nicht auf längere Zeit aufgeschoben werden wird. Um eine Einigung zu ermöglichen, wurde laut Koalitionskreisen kurzfristig für den Morgen ein Treffen zwischen Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und den Spitzen der Regierungsfraktionen angesetzt. Vom Ergebnis soll abhängen, ob das länger geplante Treffen am Nachmittag zwischen dem Lenkungskreis der Regierung und der Fraktionsarbeitsgruppe, in der die Fachpolitiker sitzen, überhaupt stattfindet.

Etwas Bewegung könnte ein Abgeordnetenbrief von Bahnchef Hartmut Mehdorn in die Diskussion bringen. Darin hält er die Herauslösung des Eigentums am Schienennetz aus dem Konzern für machbar. Die Bahn müsse aber unter anderem die Steuerung der Investitionen und der Instandhaltung der Infrastruktur sowie die Vermarktung der Trassen weiter in der Hand halten. Dann könne auch die Beschäftigungssicherung fortgeführt werden. Mehdorn warnt aber, dass so „die strategischen Entwicklungschancen der DB AG“ vertan würden und wirbt weiter für eine Privatisierung mit Netz.

Insbesondere Unionspolitiker fordern das Eigentumsmodell, bei dem das Eigentum am Schienennetz, das heute bei der staatseigenen Bahn AG liegt, komplett auf den Bund übertragen wird. Die Bahn würde mit der Bewirtschaftung beauftragt. Hans-Peter Friedrich, CSU-Verkehrspolitiker und Fraktionsvize, sagte: „Im Grunde gibt es da genug Gestaltungsspielraum für alle.“

Weiter will Tiefensee der Bahn entgegenkommen. Bei seinem Eigentumssicherungsmodell wäre der Bund weiterhin juristischer Eigentümer des Netzes, die Bahn hätte aber die wirtschaftlichen Nutzungsrechte und könnte die Schieneninfrastruktur auch weiter in ihrer Bilanz führen. Eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung würde regeln, wie das Netz instand gehalten werden muss. Allerdings sehen Gutachter, die das Ministerium selber beauftragt hat, noch Änderungsbedarf an dem Modell, wie in Regierungskreisen bekannt wurde.

Verkehrsverbände übten zudem scharfe Kritik an Tiefensees Idee. „Bleiben das Schienennetz und der Transport auch weiterhin in einer Hand, wird der Wettbewerb unter den Verkehrsanbietern auf Dauer verkümmern“, hieß es am Mittwoch. Kostensenkungen, Innovationen und private Investitionen im Bahnverkehr blieben weitestgehend aus, sagte Arnd Schäfer vom BAG-SPNV. In dem Verband sind die Bestellerorganisationen zusammengefasst, die bei den Verkehrsunternehmen wie der Deutschen Bahn im Regionalverkehr Leistungen einkaufen. Hauptziel der Bahnreform sollte es sein, mehr Transport auf die Schienen zu verlegen, mahnte Michael Gehrmann vom Verkehrsclub Deutschland. Mit einem Integrationsmodell entstehe ein privatwirtschaftlicher Monopolist, der kein Interesse am Wettbewerb habe. Mehr Effizienz auf Deutschlands Schienen entstehe nur durch eine klare Trennung von Infrastruktur und Transport.

Auch bei den Sozialdemokraten sind die Kritiker trotz aller Kompromissvorschläge noch nicht zufrieden. Der SPD-Verkehrspolitiker Peter Danckert sagte dem Tagesspiegel: „Von mir aus müsste die Bahn gar nicht privatisiert werden. Darüber hat es in den vergangenen Jahren keine ausreichende Diskussion mit dem Parlament gegeben. Ich sehe den Sinn jedenfalls nicht.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false