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Schulterschluss. Jürgen Fitschen lauscht Bundespräsident Joachim Gauck beim Bankentag.

© dpa

Bundespräsident Gauck: Ein Herz für Banker

Beim Bankentag in Berlin stellt sich Bundespräsident Gauck vor die Finanzindustrie. Verbraucher, sagt er, müssten sich besser informieren.

Von Carla Neuhaus

Wenn es um den Umgang mit Geld geht, sagt Bundespräsident Joachim Gauck, haben die Deutschen „Nachholbedarf“. Sie müssten in Finanzfragen kompetenter werden. Als Hauptredner beim Deutschen Bankentag nimmt der Bundespräsident am Mittwoch nicht nur die Geldinstitute in die Verantwortung, sondern vor allem den Verbraucher. „Es ist ganz und gar nicht gut, wenn Bürger einen wichtigen Wirtschaftssektor nicht hinreichend verstehen“, sagt er.

Vor den gut 800 Gästen aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik wirbt der Bundespräsident für mehr Transparenz im Finanzsektor. Natürlich, sagt Gauck, müssten die Banken die Chancen und Risiken ihrer Produkte offenlegen und zwar „nicht im Kleingedruckten sondern im Klartext“. Gleichzeitig müssten Verbraucher diese Information aber auch einfordern. Denn: „Unwissenheit ist gefährlich.“ Auch stellt der Bundespräsident in Frage, dass Kinder und Jugendliche in der Schule ausreichend über Finanzthemen aufgeklärt werden. „Hat das Wissen über ökonomische Zusammenhänge den gleichen Rang, den die Ökonomie für unser Leben hat?“ Wer ein mündiger Bürger sein wolle, „muss sich informieren und in Finanzfragen kompetenter werden“. Die Banken nimmt Gauck dagegen ein Stück weit in Schutz. Wurden sie in den letzten Jahren immer wieder dafür kritisiert, dass sie nur die Rendite maximieren wollten, sagt Gauck: „Gewinnstreben ist keineswegs verwerflich.“

Das Vertrauen in die Banken sinkt

Die Banker im Publikum klatschen nach seiner Rede kräftig Beifall. „Sie haben uns aus dem Herzen gesprochen“, sagt Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank und als Präsident des Bankenverbandes Gastgeber. Dankend nimmt er Gaucks Worte auf. Die Finanzwirtschaft sei in der Pflicht, Aufklärungsarbeit zu leisten. „Die Kunden sollen wieder das Gefühl bekommen, dass ihre Interessen im Mittelpunkt stehen.“ Gleichzeitig gibt er zu, dass es noch lange dauern werde, bis der Wandel in der Branche auch bei den Verbrauchern angekommen sei. „Auf die Frage, wie die Finanzinstitute Vertrauen zurückgewinnen können, haben wir noch keine abschließende Antwort gefunden.“ Das untermauert eine Umfrage, die die Beratungsfirma Ernst & Young am Mittwoch vorgelegt hat. Demnach hat sich das Ansehen der Branche zuletzt verschlechtert. Von 800 befragten Bankkunden sagten 38 Prozent, sie hätten heute weniger Vertrauen in die Banken als noch vor einem Jahr. „Wir Banker wissen, dass wir in der Vergangenheit von den Freiheiten, die man uns eingeräumt hat, nicht immer verantwortungsvollen und weitsichtigen Gebrauch gemacht haben“, sagt Fitschen. Er selbst steht derzeit wegen des Verdachts auf Prozessbetrug im Visier der Münchener Staatsanwaltschaft. Zu diesen Anschuldigungen schweigt Fitschen. Er sagt allerdings: „Die privaten Banken begreifen die Aufarbeitung ihrer Fehler nicht als Pflichtübung.“ Seit Ende 2008 hätten die Banken bereits sehr viele Veränderungen in die Wege geleitet – auch wenn sich das in der öffentlichen Wahrnehmung bislang nicht widerspiegle. „Wir wollen auch die Kritiker, die Misstrauischen überzeugen“, sagt Fitschen.

Die Geldhäuser würden die meisten neuen Regeln für die Finanzbranche befürworten und unterstützen. Mehr Eigenkapital, höhere Liquiditätsvorschriften oder die Bankenabgabe seien Beispiele. Aber: „Banken müssen in der Lage sein, Geld zu verdienen.“ Es gehe um globale Wettbewerbsfähigkeit. Schon jetzt, könne man den „Bedeutungsverlust europäischer Banken nicht mehr leugnen“.

Der Stresstest und seine Folgen

Gerade stehen die Geldhäuser vor einer neuen Herausforderung. Bevor die Europäische Zentralbank ab November die Aufsicht über die großen Banken übernimmt, unterzieht sie sie einem Stresstest. „Sie verlangen uns eine Menge ab“, sagt Fitschen.

Bundesbank-Chef Jens Weidmann weiß das. Trotzdem hält er die Stresstests für richtig. Sie seien „eine Grundvoraussetzung, um einen glaubwürdigen Start der gemeinsamen Bankenaufsicht hinzubekommen“, sagt er. Weidmann ist überzeugt: „Wir werden mit gesünderen Banken in die Bankenunion starten.“ Doch auch wenn die steht, heiße das nicht, dass alle Lehren aus der Krise gezogen worden seien. „Die Regulierungsagenda ist noch nicht abgearbeitet.“

Bundespräsident Gauck sieht das ähnlich. Die Branche befinde sich sieben Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Wandel. „Fehler sind erkannt, politische und unternehmerische Reformen auf dem Weg“, sagt Gauck. „Dieser Prozess ist in vollem Gang, aber er ist noch lange nicht abgeschlossen.“ Auch deshalb müssten die Verbraucher selbst aktiv werden. Eine soziale Marktwirtschaft, sagt der Bundespräsident, brauche „informierte Bürger, die selbstbewusst am Wirtschaftsleben teilnehmen“.

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