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Die Versuchung. Banken wie die Commerzbank haben Ausländern beim Steuersparen geholfen – und daran gut verdient.

© dpa

Die Cum-Cum-Geschäfte der Banken: Bundesregierung will Steuerschlupflöcher schließen

Über Jahre haben Banken ausländischen Investoren geholfen, bei Aktiengeschäften Steuern zu sparen. Die Bundesregierung will das künftig verhindern. Doch an dem Gesetzentwurf gibt es harte Kritik.

Von Carla Neuhaus

Wer Steuern sparen will, muss nur die richtigen Tricks kennen. So wie die deutschen Banken. Sie sollen ausländischen Investoren über Jahre dabei geholfen haben, bei Aktiengeschäften der Besteuerung zu entgehen. Über das geschickte Hin- und Herschieben von Aktien rund um den Stichtag, zu dem die Dividenden ausgeschüttet werden, sparten sie Steuern. Die Bank, die ihnen dabei half, kassierte dafür eine Provision. Nur der Staat ging leer aus. Selbst die teilverstaatlichte Commerzbank hat bei diesen sogenannten Cum-Cum-Geschäften angeblich mitgemacht. Ein neues Gesetz soll diese zweifelhaften Praktiken nun unterbinden. Die Betonung liegt allerdings auf soll. Denn am Gesetzentwurf gibt es herbe Kritik. Das wurde am Montag bei einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss deutlich. Die Kreditwirtschaft wettert, das geplante Gesetz schieße „weit über das Ziel hinaus“. Finanzexperten halten die Regeln dagegen noch für viel zu zahm.

Banken halfen, ausländischen Investoren Steuern zu sparen

Dabei geht es um viel Geld. Über 40 Milliarden Euro schütten die 600 größten Aktienkonzerne jedes Jahr als Dividenden an ihre Anteilseigner aus. Viele der Großinvestoren sitzen allerdings im Ausland und müssen auf diese Gewinne Steuern zahlen. Zusammen mit deutschen Banken haben sie einen Weg gefunden, das zu umgehen:  Sie verkaufen ihre Papiere kurz vor Ausschüttung der Dividenden einfach an ein deutsches Institut. Zwar muss auch das den Gewinn versteuern, kann ihn aber verrechnen. Denn direkt nach der Ausschüttung der Dividenden werden die Aktien am Markt in der Regel zu einem deutlich niedrigeren Kurs gehandelt als vorher. Verkauft die Bank sie dann sofort wieder, macht sie einen Kursverlust, den sie steuerlich geltend machen kann. Unterm Strich liegt die Steuer, die die Bank so letztlich zahlen muss, bei null.

Indem die Ausländer die Aktien vor der Ausschüttung an die deutsche Bank verkaufen und danach wieder zurückkaufen, können sie sich die Steuerersparnis zu eigen machen – zulasten des deutschen Fiskus. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sind diese Praktiken deshalb auch zuwider. Er sagt, das Dividendenstripping „mag legal sein“, aber es sei nicht „legitim“.

Die Banken sollen die Aktien nicht mehr so schnell verkaufen können

Die Frage ist allerdings, wie die Politik es unterbinden will. Der derzeit diskutierte Gesetzentwurf sieht vor allem eine Mindesthaltedauer vor: Die Bank soll sich künftig nur noch dann die Steuer erstatten lassen können, wenn sie die Aktie 45 Tage vor und nach der Dividendenausschüttung besitzt. Außerdem muss das Institut mindestens 30 Prozent des Kursänderungsrisikos tragen. Auch das soll Cum-Cum-Geschäfte unterbinden, denn bei denen haben sich die Banken meist umfassend gegen Kursänderungen abgesichert.

Entsprechend groß ist nun die Empörung der Institute. So kritisiert die deutsche Kreditwirtschaft, ein Zusammenschluss aller großen Bankenverbände, die Neuregelung schieße weit über das Ziel hinaus. Statt der Missbrauchsfälle würden auch alle „üblichen Geschäfte“ belastet. Ähnlich sieht das das Institut der Wirtschaftsprüfer. Es argumentiert, es könne schließlich auch wirtschaftliche Gründe für einen kurzfristigen Besitz von Aktien geben. Der Verband der Auslandsbanken glaubt, dass deutsche Aktienkonzerne unter den neuen Regeln leiden würden. Ihre Papiere würden bei ausländischen Investoren durch das geplante Gesetz schließlich weniger attraktiv.

Andere Finanzexperten halten die Regeln noch nicht für streng genug

Anderen Experten geht das Gesetz dagegen noch gar nicht weit genug. So fordert Lorenz Jarras, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Rhein-Main, eine viel längere Mindesthaltedauer rund um die Ausschüttung der Dividenden. Er schlägt drei Monate vor. Das würde dann auch helfen, „der derzeitigen kurzfristigen Spekulationskultur“ entgegen zu wirken, meint Jarras. Außerdem sollten die Banken verpflichtet werden, nicht nur einen Teil, sondern das volle wirtschaftliche Risiko für das Geschäft übernehmen zu müssen.

Auch Grünen-Politiker Gerhard Schick sieht noch Handlungsbedarf. „Die vorgesehene Regelungen zur Unterbindung von Cum-Cum Geschäften mögen zwar vom Ansatz her gut gemeint sein“, sagt er. „Sie sind aber schlecht gemacht.“ So gebe es auch mit dem neuen Gesetz noch genug Möglichkeiten, „wie diese Geschäfte auch weiterhin durchgeführt werden können“. Mit anderen Worten: Ein Steuerschlupfloch wird zwar geschlossen, es blieben aber für Banken und Investoren noch genug andere übrig.

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